Süddeutsche Zeitung

Mord an Kremlkritiker Nemzow:Russische Polizei verdächtigt fünf Männer aus dem Kaukasus

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Zwei weitere Festnahmen

Im Fall des ermordeten russischen Regierungskritikers Boris Nemzow haben die russischen Behörden drei weitere Verdächtigte festgenommen. Es handele sich um Tschetschenen, sagte der Chef des Sicherheitsrats der Kaukasus-Republik Inguschetien, Albert Barachojew, der Nachrichtenagentur RIA Nowosti. Einer von ihnen sei der Bruder eines anderen Verdächtigen.

Ein weiterer mutmaßlicher Verdächtiger soll sich in Tschetschenien selbst getötet haben. Der Mann habe eine Granate gezündet, als die Sicherheitskräfte ihn in der Hauptstadt Grosny in der Nacht zum Sonntag festnehmen wollten, berichtete die Agentur Interfax unter Berufung auf Ermittlerkreise.

Bereits am Samstag waren in der Kaukasus-Republik Inguschetien zwei Männer festgenommen worden. Sie sollen am Sonntag dem Haftrichter vorgeführt werden. Im Zusammenhang mit der Ermordung des prominenten Oppositionellen stehen somit insgesamt fünf Männer unter Verdacht, die alle aus dem Kaukasus stammen.

Dort müht sich Russland seit Jahren, einen Aufstand islamistischer Rebellen niederzuschlagen. Bürger aus dieser Unruheregion waren auch in anderen Fällen wie dem Mord an der regierungskritischen Journalistin Anna Politkowskaja in Verdacht geraten.

Verbindungen zu tschetschenischen Behörden

Einer der am Samstag festgenommenen Verdächtigen hat Medien zufolge jahrelang für eine Polizeieinheit in der russischen Kaukasus-Republik Tschetschenien gearbeitet. Er habe etwa zehn Jahre in einem Bataillon des tschetschenischen Innenministeriums gearbeitet. Ob er der Einheit zuletzt noch angehörte, ist unklar.

Opposition ist misstrauisch

Nemzow-Vertraute bezweifeln jedoch, dass mit den jüngsten Festnahmen die wahren Hintermänner der Tat gefasst sind. "Wir hoffen, dass Menschen festgenommen wurden, die tatsächlich etwas mit dem Mord zu tun haben, dass dies kein Fehler ist, sondern das Ergebnis einer guten und qualitativen Arbeit der Sicherheitsorgane", sagte der Oppositionspolitiker Ilja Jaschin.

Der 55-jährige Nemzow war am Abend des 27. Februar in Sichtweite des Kremls im Zentrum Moskaus erschossen worden. Die Ermordung des Regierungsgegners löste in Russland und weltweit Bestürzung aus. Der frühere Vize-Ministerpräsident war einer der prominentesten Widersacher von Staatschef Wladimir Putin und ein entschiedener Kritiker der russischen Ukraine-Politik. Kritiker vermuten die Verantwortlichen für die Tat deshalb im Umfeld des Kremls.

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dpa/AFP/olkl
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