Süddeutsche Zeitung

Bundestag:Ordnungsgeld soll sauberen Wahlkampf garantieren

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Abgeordneten, die ihre Mitarbeiter für Parteizwecke einsetzen, droht bald eine Strafe. Das Bundesverfassungsgericht hatte die bisherigen Regeln als zu lax moniert.

Von Robert Roßmann, Berlin

Mitarbeiter sind eine praktische Sache: Wer Helfer hat, kann leichter glänzen. Das wissen auch die Bundestagsabgeordneten. Über die Jahre haben sie sich einen gewaltigen Apparat aufgebaut, inzwischen beschäftigen die Abgeordneten mehr als 5400 Mitarbeiter. Bezahlt werden die Frauen und Männer aus dem Bundeshaushalt, 258 Millionen Euro kostet das die Steuerzahler allein in diesem Jahr. Doch mit der Aufsicht ist es bisher nicht weit her. Laut Gesetz dürfen die Abgeordneten die Mitarbeiter lediglich zur Unterstützung bei der Erledigung ihrer parlamentarischen Arbeit einsetzen. Doch so mancher nutzt sie auch im Wahlkampf - und verschafft sich damit einen Vorteil gegenüber politischen Wettbewerbern ohne Mandat und Mitarbeiter.

Das Bundesverfassungsgericht hat das bereits 2017 moniert. Es sei "nicht von der Hand zu weisen, dass der Einsatz von Abgeordnetenmitarbeitern sich öffentlich weitgehend nicht nachvollziehen lässt", heißt es in einem Beschluss des Zweiten Senats. Der "gebotenen Sicherstellung eines hinreichenden Mandatsbezugs bei der Tätigkeit der Abgeordnetenmitarbeiter" genüge "der gegenwärtige Regelungsbestand nicht". Das Gericht forderte den Bundestag deshalb auf, "zur Wahrung der Chancengleichheit der Parteien" durch zusätzliche Regelungen im Gesetz "dafür Sorge zu tragen", dass "der Verwendung von Abgeordnetenmitarbeitern im Wahlkampf verstärkt entgegengewirkt wird" und die Einhaltung der Grenzen "nachvollziehbarer Kontrolle unterliegt". Drei Jahre ist dieser Arbeitsauftrag des Verfassungsgerichts an den Bundestag jetzt alt - doch die neuen Regeln gibt es immer noch nicht.

Im November hat der Ältestenrat des Bundestags zwar allen Abgeordneten eine "Negativliste" zukommen lassen. Darin werden Beispiele für unzulässige Tätigkeiten aufgeführt. Dazu gehören unter anderem die Betreuung von Wahlkampfständen, das Aufhängen von Wahlplakaten, die "Übernahme einer telefonischen Hotline für die Partei" sowie die Führung der Mitgliederkartei oder die Buchhaltung in einer Parteigeschäftsstelle. All das hätte aber jedem Abgeordneten sowieso klar sein müssen. Und wirksame Kontrollen oder gar Strafen für Abgeordnete, die sich nicht an die Vorgaben halten, fehlen immer noch.

Der Arbeitsauftrag des Verfassungsgerichts ist auch nach drei Jahren noch nicht erledigt

Es liege "nun an den Fraktionen, noch in dieser Legislaturperiode einen Gesetzentwurf dazu ins Parlament einzubringen", sagte Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble der Süddeutschen Zeitung. Das klingt wie eine Mahnung, auch weil der Bundestagspräsident den Fraktionen schon im November eine Änderung des Abgeordnetengesetzes ans Herz gelegt hatte. Doch bei denen gab es noch Gesprächsbedarf.

Inzwischen scheint es aber erste Ergebnisse zu geben. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Patrick Schnieder, sagte der SZ jetzt, man wolle die "Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zum Einsatz von Abgeordnetenmitarbeitern insbesondere in Wahlkampfzeiten" im Herbst umsetzen. Die zuständigen Berichterstatter aller Fraktionen hätten sich nach mehreren Gesprächen "einvernehmlich auf die Ausgestaltung des Ordnungsgeldes im Falle von Verstößen geeinigt". Ein Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion sagte, bei der dazu nötigen Änderung des Abgeordnetengesetzes würden "auch weitere Anpassungen vorgenommen werden, etwa die Einführung von Ordnungsgeldern im Fall von Verstößen gegen die Anzeigepflicht von Spenden". Man sei "zuversichtlich", dass "es bald nach der Sommerpause zu einer abschließenden Beratung im Geschäftsordnungsausschuss und dann im Plenum des Bundestages kommen kann".

In dem Entwurf zu der jetzt vorgesehenen Änderung des Abgeordnetengesetzes ist "ein Ordnungsgeld bis zur Höhe der Hälfte der jährlichen Abgeordnetenentschädigung" vorgesehen. Gegen Abgeordnete, die Mitarbeiter vorschriftswidrig einsetzen, könnte künftig also eine Strafe von mehr als 60 000 Euro verhängt werden.

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SZ vom 14.08.2020
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