Süddeutsche Zeitung

Merkel über Europawahl:"Das ist für meine Partei auch eine Herausforderung"

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Bundeskanzlerin Angela Merkel versteht die Europawahl als Aufforderung an die Union, sich stärker mit Klimapolitik auseinanderzusetzen. Im Gespräch mit dem US-Sender CNN reagierte sie erstmals auf das Ergebnis der Wahl am Sonntag.

In dem Interview, das am Dienstag ausgestrahlt wird, sagte sie CNN zufolge, sie sei zwar "froh, dass mehr Menschen wählen gegangen sind", aber der Erfolg der Grünen "hat mit den Themen zu tun, die die Menschen heutzutage interessieren, zum Beispiel Klimawandel, und das ist für meine Partei auch eine Herausforderung". Für ihre Partei sei das "natürlich dann auch Aufforderung, noch bessere Antworten auf diese Fragen zu finden und vor allen Dingen zu sagen, dass wir uns den Zielen, die wir uns selbst gesetzt haben, auch verpflichtet fühlen".

Bereits am Montag hatte sich die Kanzlerin zum Machtkampf um den Chefposten der EU-Kommission geäußert und betont, dass Union und SPD weiterhin hinter dem Konzept der Spitzenkandidaten stehen. Zugleich mahnte sie zur Eile bei der Personalentscheidung, damit die EU handlungsfähig bleibe.

Im Gespräch mit der CNN-Journalistin Christiane Amanpour sprach Merkel zum ersten Mal seit der Wahl über den Erfolg der Grünen in Deutschland - und den europaweiten Erfolg der Rechtspopulisten und Nationalisten. Dem Sender zufolge hält sie es für nötig, zu zeigen, "warum wir für Demokratie sind, warum wir nach Lösungen suchen, warum wir uns in andere Menschen hineinversetzen müssen, warum wir gegen Intoleranz aufbegehren und warum wir Menschenrechtsverletzung gegenüber keinerlei Toleranz haben".

Weiter sagte Merkel demnach über Rechtspopulisten, dass sie "in Deutschland immer in einem bestimmten Kontext gesehen werden müssen, im Kontext unserer Vergangenheit, weshalb wir viel wachsamer sein müssen als andere". Sie betonte, dass vor allem junge Menschen immer wieder auf die Geschichte des Dritten Reichs hingewiesen werden müssen.

Besorgt zeigte sich die Kanzlerin CNN zufolge im Hinblick auf Antisemitismus in Deutschland. Wir hätten in der Bundesrepublik "leider schon immer eine gewisse Anzahl Antisemiten unter uns" gehabt. Sie bedauere, dass es "bis heute keine Synagoge, keine jüdische Kita, keine Schule für jüdische Kinder" gebe, die nicht von der Polizei geschützt werden müsse. Der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung hatte vor wenigen Tagen in einem Interview Juden davon abgeraten, sich überall in Deutschland mit der traditionellen Kopfbedeckung Kippa zu zeigen. Diese Aussage hatte heftige Reaktionen ausgelöst.

Deutschland sei den USA wegen des Marshall-Plans bis heute in Dankbarkeit verbunden und unter anderem deshalb sei ihr ein gutes Verhältnis zwischen US-Präsidenten und Bundesregierung wichtig. Auf die Frage hin, ob sie sich viel von Präsident Donald Trump gefallen lasse, erklärte Merkel demnach, dass die beiden "strittige Debatten" führten, aber immer einen "gemeinsamen Boden" fänden. Ihr Verhältnis zu Trumps Vorgänger Barack Obama sei nicht von Anfang an so gut gewesen, wie es im Nachhinein erinnert wird. Nach Obamas Amtsantritt hätten sie "keinen reibungslosen Start" gehabt.

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