Süddeutsche Zeitung

Autobahn:CDU-Vize hält "Maut für alle" für denkbar

Lesezeit: 2 min

Die deutsche Pkw-Maut ist nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom Tisch, zumindest nach dem bisherigen Modell, bei dem deutsche Autofahrer im Gegenzug bei der Kfz-Steuer entlastet werden sollten. Nun mehren sich die Stimmen, die sich für die Prüfung anderer Optionen aussprechen.

Das Urteil sei "kein Grund für eine Schockstarre", sagte CDU-Vize Thomas Strobl der Bild. "Wir sollten das als Chance dafür nutzen, die Finanzierung der Infrastruktur mit klugen klima- und umweltpolitischen Elementen zu verbinden." Auf die Frage nach einer möglichen Einführung einer Pkw-Maut für alle Autofahrer sagte er: "Da darf es aus meiner Sicht keine Denkverbote geben." Eine Pkw-Maut, bei der auch deutsche Autofahrer zahlen, ohne an anderer Stelle entlastet zu werden, hält der Innenminister von Baden-Württemberg demnach für denkbar.

Auch aus der CSU gab es erste Stimmen, die sich für ein Festhalten an der Maut aussprachen. "Das Thema Pkw-Maut muss auf der Agenda bleiben. Wir müssen uns trauen, gerade unter Klimagesichtspunkten auch über eine streckenbezogene Maut zu diskutieren", sagte CSU-Vize-Fraktionschef Georg Nüßlein dem Focus. CSU-Verkehrsexspertin Daniela Ludwig sagte, man komme mittelfristig an einer nutzerorientierten Infrastrukturabgabe nicht vorbei.

Dass deutsche Autofahrer bei der Maut entlastet werden, gehörte stets zu den Plänen der Koalition. Der Aufwand für die Maut sollte von der Kfz-Steuer abgezogen. Der EuGH erklärte jedoch genau das für europarechtswidrig, schließlich würden ausländische Autofahrer dadurch benachteiligt. Die obersten EU-Richter gaben damit einer Klage Österreichs statt. Das Urteil ist vor allem eine Niederlage für die CSU, die Maut galt als wichtiges Prestigeprojekt der Partei.

Pro Jahr fehlen nach Ansicht der Bundesregierung 350 bis 500 Millionen Euro

Auch Umweltschützer sprechen sich dafür aus, Alternativen zu den bisherigen Maut-Plänen zu diskutieren. Unter anderem das Umweltbundesamt (UBA) hatte eine "fahrleistungsabhängige Pkw-Maut" empfohlen. "Wer viel fährt, zahlt viel; wer wenig fährt, zahlt weniger", hatte UBA-Präsidentin Maria Krautzberger erklärt. Das sei "gerecht und gut für Umwelt und Klima". Dabei hat sie Umweltverbände auf ihrer Seite. Für Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) dagegen ist das Thema Pkw-Maut in Gänze erledigt, wie ein Sprecher klarstellte.

Die Grünen sind sich beim Thema Umwelt-Maut nicht einig. Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann warb für elektronische Systeme, die Gebühren differenziert und nach gefahrener Strecke erheben - mit variablen Tarifen je nach Tageszeit. Das bisherige Modell sah Tarife für bestimmte Zeiträume vor, unabhängig davon, wie oft man tatsächlich fährt. Fraktionsvize Krischer hält davon nichts: "Wir brauchen für den Klimaschutz im Verkehr schnell wirksame Maßnahmen und nicht die erneute jahrelange Blockade durch die nächste irre Mautdebatte."

Das Scheitern der bisherigen Mautpläne reißt nach Einschätzung der Bundesregierung auch ein Loch im Haushalt. Pro Jahr fehlten nach der Entscheidung zwischen 350 und 500 Millionen Euro an ursprünglich geplanten Maut-Einnahmen, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Mittwoch bei einer Veranstaltung im niedersächsischen Goslar. Merkel verteidigte die vorab in das Projekt investierten Mittel in Millionenhöhe. Bis zuletzt sei die Bundesregierung davon ausgegangen, dass die Pkw-Maut rechtmäßig sei.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4492313
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/dpa/jps
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.