Süddeutsche Zeitung

FDP-Politiker bei der Bundeswehr:Herr Buschmann trägt nun Flecktarn

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Von Daniel Brössler, Berlin

Es wird marschiert. Mal nach "Bonnland-Nord", mal zur "Ausbildungsanlage EK". Und es wird auch geschossen, sowohl mit Pistole als auch mit Gewehr. So gesehen ist die Sache ernst. Jedenfalls ernst gemeint, darauf legt Marco Buschmann wert. Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion ist am vergangenen Sonntag angetreten zur Wehrübung in der Saaleck-Kaserne im unterfränkischen Hammelburg. Nun trägt er Uniform. Und dazu den Dienstgrad Oberleutnant der Reserve, bis Freitag. Dies ungewohnt zu nennen, wäre eine leichte Untertreibung. Für ihn ist es "ein Stück weit das Eintauchen in eine andere Welt". Buschmann ist Wehrdienstverweigerer. Genauer gesagt: Er war es. Um an der "Informationsveranstaltung für zivile Führungskräfte im Heer" teilnehmen zu können, hat der 41-Jährige seine Wehrdienstverweigerung zurückgenommen.

Den Zivildienst hatte Buschmann nach dem Abitur im "hausmeisterlichen Dienst" in einem Altenwohn- und Pflegeheim in Gelsenkirchen absolviert. "Ich halte das im Nachhinein nicht für falsch. Ich sehe heute halt nur bestimmte Dinge anders", sagt Buschmann über die Entscheidung, den Dienst an der Waffe zu verweigern. Er sei damals voller Klischees über die Bundeswehr gewesen. "Das ist alles nur Drill, der Kopf wird abgeschaltet", habe er gedacht. Dieses Bild habe er dann als Bundesgeschäftsführer der FDP korrigieren müssen. Mehrere seiner Praktikanten seien Offiziersanwärter gewesen. Die habe er als "sehr besonnene, freundliche und ergebnisorientierte pragmatische junge Leute" kennen- und schätzen gelernt. Schon damals habe er sich gesagt: "Mensch, das möchte ich doch mal sehen, wie die ausgebildet werden."

Den kleinen Einblick, den er nun in Hammelburg davon bekommt, will Buschmann nicht überbewerten. "Das ist relativ harmlos. Was wir hier mitbekommen, ist nur der Hauch eines ersten Eindrucks", sagt er. Es werde ein bisschen marschiert, man werde auch ein wenig eingewiesen ins Schießen mit Pistole und dem Gewehr G-36. Übungen "im Feld" gebe es auch, aber eben nur in Andeutungen. Nach der Zeit in Hammelburg sei er zwar Reservist mit Dienstgrad Jäger der Reserve ("also nix"), aber "in überhaupt keiner Art und Weise einsatztauglich".

Darum geht es Buschmann auch nicht, sondern um eine Annäherung, zu der ihn schon sein Vorgänger als Parlamentarischer Geschäftsführer, Jörg van Essen, ermuntert hatte. Essen, Oberst der Reserve, war selbst Kommandant und hatte auch regelmäßig an großen Panzerübungen teilgenommen. "Mensch, Herr Buschmann", hatte van Essen seinen Nachfolger mit auf den Weg gegeben, "wenn Sie jetzt Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Fraktion sind, dann müssen Sie mal zu einer Wehrübung".

"Sehe einen gewissen Widerspruch"

Wenn, dann richtig, habe er sich gesagt, erinnert sich Buschmann, also zur Infanterie. Nach einigen Tagen in Hammelburg ist er nun "beeindruckt von den Leuten, die man hier kennenlernt, auch von ihrer Gelassenheit und Fröhlichkeit". Schließlich müsse man sich klar machen, dass diese Leute, je nach Dienstgrad, alle zwei oder vier Jahre in Auslandseinsätze geschickt würden.

Einsätze sind das, über die der Bundestag entscheidet. An diesem Punkt treffen Buschmanns Welt und die Welt der Soldaten zusammen, was ihm, wie er darlegt, zu denken gegeben hat: "Wenn ich heute als Abgeordneter sage, ich halte es für richtig und stimme auch dafür, dass Stabilisierungseinsätze gemacht werden und dass ich Soldaten in Kampfzonen schicke, dann ist das schwer zu sagen: Ja, macht das, aber für mich persönlich schließe ich das aus". Dieses Recht habe natürlich jeder, aber er "sehe einen gewissen Widerspruch". Dennoch, betont Buschmann, sei die Rücknahme der Wehrdienstverweigerung eine "persönliche Entscheidung" gewesen.

Den Widerspruch zur Entscheidung seiner Jugend empfindet Buschmann als natürliche Folge einer Fortentwicklung im Leben, aber auch der veränderten Weltlage. "Die Welt hat sich verändert in den letzten 20 Jahren. Als Europäer und Deutsche sehen wir, dass wir Verantwortung übernehmen müssen, um eine stabile, friedliche Weltlage zu gewährleisten und ein Stück weit gar nicht daran vorbeikommen, auch militärische Verantwortung zu übernehmen", sagt er. Und da, sagt Buschmann, sei es "schon wichtig, zumindest eine grobe Ahnung von dem zu haben, worüber man da mitentscheidet".

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Quelle:
SZ vom 19.07.2019
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