Süddeutsche Zeitung

Westafrika:Mali wird isoliert

Lesezeit: 2 min

Die westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas verhängt harte Sanktionen gegen das Militärregime in Bamako, weil es erst in einigen Jahren demokratische Wahlen veranstalten will.

Von Bernd Dörries, Kapstadt

Westafrika hat so viele Staatsstreiche des Militärs hinter sich, dass die Region auch den Spitznamen "Putsch-Gürtel" verpasst bekam; mehr als 100 sollen es gewesen sein, seit die meisten Staaten in den 1960er-Jahren in die Unabhängigkeit entlassen wurden. Im vergangenen Jahrzehnt ist die Zahl der Versuche zwar deutlich gesunken, zuletzt aber wieder gestiegen: Im September 2021 putschten die Militärs in Guinea, in Niger versuchten sie es im März, und in Mali waren sie im September 2020 und Mai 2021 gleich zweimal erfolgreich. Wobei es darauf ankommt, wie man Erfolg definiert.

Am Sonntagabend verhängte die westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas harsche Sanktionen gegen Mali, dessen Mitgliedschaft im 15-Staaten-Block suspendiert wird, die Nachbarn schließen die Grenzen, ziehen ihre Botschafter aus der Hauptstadt Bamako ab und frieren das Auslandsvermögen der Junta ein. Nur noch lebensnotwendiger Handel soll möglich sein.

Anders als die Afrikanische Union (AU) und so manch andere Regionalorganisation auf dem Kontinent, die Staatsstreiche meist stillschweigend tolerieren, meint es das Ecowas-Bündnis ernst mit seiner Null-Toleranz-Politik gegen Putschisten. Bis Sonntag hatte man dem Offizier Assimi Goïta, der sich in Mali zum Präsidenten ausgerufen hatte, Zeit gegeben, um einen Fahrplan zu demokratischen Wahlen zu verkünden. Die sollten eigentlich im Februar stattfinden, doch vor einer Woche sprach die Junta plötzlich davon, sich bis zu fünf Jahre Zeit lassen zu wollen.

Die Ecowas mahnte die Machthaber in Mali, zum vereinbarten Zeitplan zurückzukehren, woraufhin die Militärs vier Jahre vorschlugen. "Das ist ein Witz", sagte ein hochrangiger Beamter aus Ghana, das derzeit den Ecowas-Vorsitz innehat. Die westafrikanische Gemeinschaft wies die Verzögerung als "vollkommen inakzeptabel" zurück. Sie bedeute "schlicht, dass eine illegitime militärische Übergangsregierung das malische Volk in den nächsten fünf Jahren in Geiselhaft nimmt".

Malis Regierung spricht von "illegalen" Sanktionen

Malis vom Militär dominierte Regierung verurteilte die "illegalen" Sanktionen, "die die von der Sicherheitskrise und der Gesundheitskrise bereits stark betroffene Bevölkerung treffen". Mali ist nun in einer prekären Lage, offene Grenzen gibt es nur noch in den Norden, zu den Nachbarländern Algerien und Mauretanien, der Weg dorthin führt durch Gebiete, die von Islamisten kontrolliert werden. Die Militärregierung beschuldigte Ecowas, von "außerregionalen Mächten mit Hintergedanken ausgenutzt zu werden", eine Anspielung auf Malis bisherige Partner wie Frankreich und Deutschland, die sich militärisch in der Sahelzone engagieren.

Die Bundeswehr ist in Mali mit gut 1350 Soldaten als Teil der europäischen Ausbildungsmission EUTM sowie der UN-Friedensmission Minusma im Einsatz. Das Mandat der Bundeswehr muss im Mai verlängert werden, es mehren sich die kritischen Stimmen, die sich fragen, warum man mit der malischen Regierung weiter zusammenarbeiten solle, die zuletzt auch russische Söldner der Wagner-Gruppe ins Land geholt haben soll.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5504238
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.