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Kohleabbau in NRW:Räumung von Lützerath ist juristisch nicht mehr zu stoppen

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Das Oberverwaltungsgericht Münster weist eine Beschwerde von Klimaaktivisten ab. Von Dienstag an ist die Polizei nun befugt, sie zwangsweise aus dem Dorf zu bringen.

Die Räumung des Kohledorfes Lützerath in Nordrhein-Westfalen ist juristisch nicht mehr zu stoppen. Das Oberverwaltungsgericht Münster hat am Montagabend eine Beschwerde von Klimaaktivisten abgewiesen. Die Eilentscheidung der Vorinstanz sei nicht zu beanstanden, teilte das Gericht mit (Az.: 5 B 14/23). Der Beschluss ist nicht mehr anfechtbar.

Das Verwaltungsgericht Aachen hatte vergangene Woche entschieden, dass der zuständige Kreis Heinsberg "voraussichtlich rechtmäßig" gehandelt habe, als er ein Aufenthaltsverbot für Lützerath aussprach. Das Betreten von Lützerath könne nicht unter Berufung auf zivilen Ungehorsam infolge eines Klimanotstands gerechtfertigt werden. Dieser Sicht hat sich nun das Oberverwaltungsgericht Münster angeschlossen. "Das staatliche Gewaltmonopol als Grundpfeiler moderner Staatlichkeit ist einer Relativierung durch jegliche Formen des zivilen Ungehorsams grundsätzlich nicht zugänglich", so die Richter.

Die vom Kreis Heinsberg vor Weihnachten erlassene Allgemeinverfügung untersagt Personen den Aufenthalt in Lützerath vom 23. Dezember 2022 bis zum 13. Februar 2023. Werde diesem Platzverweis keine Folge geleistet, so habe die Polizei eine Rechtsgrundlage zur Räumung des Dorfes vom 10. Januar an. Beobachter rechnen damit, dass das Dorf in dieser Woche geräumt wird.

Der Energiekonzern RWE will Lützerath abreißen, um die darunter liegende Kohle abzubauen. Klimaaktivisten, die Häuser besetzt haben, wollen dies verhindern. Dass Lützerath weichen muss, ist Teil eines Kompromisses zwischen der schwarz-grünen Landesregierung von Nordrhein-Westfalen und RWE. Er besagt, dass der Kohleausstieg im rheinischen Revier um acht Jahre auf 2030 vorgezogen wird. Fünf Dörfer, die für den Braunkohletagebau Garzweiler II eigentlich hätten abgebaggert werden sollen, bleiben erhalten. Lützerath jedoch fällt nicht unter diese Regelung.

Aktivisten der Fridays-for-Future-Bewegung kritisierten insbesondere die Grünen für diesen Kompromiss. Luisa Neubauer, die Sprecherin von Fridays-for-Future in Deutschland, die selbst Grünen-Mitglied ist, sprach von einem vorsätzlichen Verstoß gegen die Pariser Klimaziele, die auf eine Begrenzung der Erderwärmung von 1,5 Grad über dem langjährigen Temperaturmittel ausgerichtet sind. Dass infolge des Krieges in der Ukraine und der Energiekrise die Kohle in Deutschland eine Renaissance erlebt, halten die Klimaaktivisten für einen Verrat an den Zielen ihrer Bewegung. Auch in der grünen Partei rumort es angesichts der schmerzhaften Kompromisse.

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