Süddeutsche Zeitung

Koalitionsstreit:Lindner wirft Merkel-Kritikern Heuchelei vor

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FDP-Chef Christian Lindner hat der schwarz-roten Regierung zum hunderttägigen Bestehen ein verheerendes Zeugnis ausgestellt. "Wir haben als Freie Demokraten ein 'Weiter so' in der großen Koalition erwartet, also vier ambitionsfreie Jahre. Was wir erleben, ist aber ein 'Schlimmer so'", sagte Lindner. "Nach hundert Tagen großer Koalition können wir keine großen Vorhaben kritisieren, denn es gibt keine." Handlungsbedarf gebe es etwa bei Handelskonflikten, Migration und der Alterung der Bevölkerung.

Sollte die Groko auseinanderbrechen, fordert die FDP Neuwahlen. "Wenn jetzt die Regierung scheitern sollte, dann müssen die Wählerinnen und Wähler wieder neu das Wort haben", so Lindner. "Es hat sich so viel verändert, es wäre unzumutbar, jetzt noch einmal irgendeine Regierung zu bilden." Die FDP hatte den Versuch einer Regierungsbildung mit Union und Grünen im vergangenen November für gescheitert erklärt.

Die Regierung sei sich ihre eigene Opposition, sagte Lindner mit Blick auf den unionsinternen Streit über die Asylpolitik. "Mit der Schärfe und mit der Härte, wie innerhalb der Regierungskoalition miteinander gestritten wird, möchten wir nicht mithalten." Zwar gebe es inhaltliche Differenzen mit Angela Merkel (CDU), die Art und Weise wie die Kanzlerin innerhalb ihrer eigenen Partei und Koalition zur Hassfigur gemacht werde, erschrecke ihn aber sehr.

Spitze gegen die CSU

Merkels internen Kritikern warf Lindner Heuchelei vor. "Gerade diejenigen, die über Jahre die politischen Entscheidungen von Frau Merkel mitgetragen haben, wollen nunmehr in der Endphase ihrer Kanzlerschaft gar nichts mehr damit zu tun haben", sagte er. "Das ist ein so offensichtliches Manöver, dass es schon bei der bayerischen Landtagswahl den Beleg geben wird, dass die Menschen das so nicht glauben."

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte im ZDF-"Morgenmagazin" den Vorwurf zurückgewiesen, es gehe ihm im Asylstreit mit der CDU um die bayerische Landtagswahl im Oktober. Ihm bereite nicht eine einzelne Wahl Sorge, sondern die Demokratie in Deutschland. Kritik an dem von ihm verwendeten Begriff "Asyltourismus" wies Söder zurück. Für ihn sei das eine zulässige Bezeichnung.

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