Süddeutsche Zeitung

Landtagswahl-Ergebnisse:Diese Koalitionen sind möglich

Lesezeit: 3 min

Mit der AfD will niemand zusammengehen, aber für die alten Zweierbündnisse reicht es nicht mehr: Die Suche nach einer Regierung wird weder in Sachsen noch in Brandenburg einfach.

Von Jana Anzlinger

Nach den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg müssen neue Regierungen gebildet werden. Denn beide Regierungskoalitionen haben ihre Mehrheit in den Landtagen verloren. In Sachsen ist die CDU trotz Einbußen stärkste Kraft geblieben, in Brandenburg die SPD. Beide haben Bündnisse mit der AfD ausgeschlossen, die in beiden Ländern auf Platz zwei vorgerückt ist. Das heißt: Sowohl in Potsdam als auch in Dresden müssen sich jeweils drei Parteien einigen, denn kein Zweierbündnis gegen die AfD kommt auf eine Mehrheit. Doch was ist mit den anderen Parteien? Welche Bündnisse sind rechnerisch und inhaltlich möglich?

Sachsen steuert auf Kenia zu

Die seit 1990 regierende CDU wird trotz großer Verluste weiter den Ministerpräsidenten stellen. Bereits vor der Landtagswahl hatte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer eine Koalition zwischen CDU und AfD ausgeschlossen - und am Morgen nach der Wahl änderte daran auch das Wahlergebnis nichts. Bleiben noch SPD, Grüne und Linke.

Der sächsische Landtag hat regulär 120 Sitze. Es sind aber Überhang- und Ausgleichsmandate möglich, daher gab es in der abgelaufenen Legislaturperiode 126 Abgeordnete - dieses Mal wird es voraussichtlich nur 119 Abgeordnete geben. Die bisherige Regierungskoalition aus CDU und SPD kommt auf 55 Sitze, verfehlt die Regierungsmehrheit also knapp. Auch eine Koalition zwischen CDU und Grünen oder CDU und Linken ist rechnerisch nicht möglich.

Einer Minderheitsregierung unter seiner Führung hatte Kretschmer eine Absage erteilt. Das heißt: Die nächste Landesregierung unter Kretschmer muss ein Bündnis aus drei Parteien sein. Rechnerisch möglich wäre, dass die bisherige Regierungskoalition die Grünen ins Boot holt. Ein solches Bündnis aus CDU, SPD und Grünen, wegen der Parteifarben auch Kenia-Koalition genannt, hätte mit 67 Sitzen eine sichere Mehrheit.

Damit wären die Grünen in Sachsen erstmals an der Regierung beteiligt. CDU und Grüne haben einander jahrzehntelang bekämpft; der sächsische CDU-Landesverband gilt als sehr konservativ. Nach der Wahl hat kein Grünen-Politiker ein Bündnis ausgeschlossen. Parteichef Robert Habeck spricht von "Verantwortung", derer sich nun jeder klar werden müsse. Viel spricht dafür, dass es zwischen diesen drei Parteien Sondierungsgespräche geben wird. Der sächsische CDU-Generalsekretär Alexander Dierks formuliert am Tag nach der Wahl vorsichtig, Kenia sei aus Sicht der CDU "nicht der Optimalfall". Dennoch, findet er, sollten Demokraten bereit sein, um Kompromisse zu ringen. In Sachsen-Anhalt regiert seit 2016 ein Bündnis aus CDU, SPD und Grünen.

In Sachsen außerdem rechnerisch möglich wäre ein Bündnis aus CDU, Linken und Grünen oder aus CDU, Linken und SPD. Doch die CDU hat eine Zusammenarbeit mit der Linken bislang abgelehnt. CDU-Fraktionschef Christian Hartmann sagte am Wahlabend: "Es wird keine Koalition mit Linken oder AfD geben. Dabei bleibt es."

In Brandenburg sind ungewöhnliche Dreierbündnisse möglich

Die SPD hat mit einer klaren Positionierung gegen die AfD und für ein weltoffenes Brandenburg Wahlkampf gemacht. Das scheint sich als richtige Strategie herausgestellt zu haben: Trotz Einbußen ist die Partei von Ministerpräsident Dietmar Woidke stärkste Kraft geblieben und kann auch nach fast 30 Jahren weiterregieren. Bloß mit wem?

Eine Koalition von SPD und AfD, die in Brandenburg mit dem radikal rechten Spitzenkandidaten Andreas Kalbitz einen zweistelligen Zuwachs verbuchen kann, kommt für keinen der Beteiligten infrage.

Für eine Fortsetzung des rot-roten Regierungsbündnisses reicht die Mehrheit nicht: Es würde nur 35 von 88 Sitzen haben. Auch für eine Koalition mit der in Brandenburg seit jeher schwächelnden CDU von Ingo Senftleben reicht es nicht: Schwarz-rot käme auf nur 40 Sitze. Rechnerisch ebenfalls unmöglich wäre eine Koalition ohne SPD und ohne AfD: CDU, Grüne und Linke stellen zusammen weniger als die Hälfte der Landtagsabgeordneten.

Eine rot-grün-rote Koalition würde sich inhaltlich zusammenfinden können, hätte aber eine nur sehr knappe Mehrheit von 45 Sitzen. Auch CDU, SPD und BVB/FW hätten eine hauchdünne Mehrheit, wobei dies nicht das Wunschbündnis der SPD sein dürfte.

CDU-Spitzenkandidat Senftleben erklärt am Tag nach seiner Schlappe, dass seine Partei in Brandenburg mitregieren wolle. Und er hat eine ziemlich genaue Idee, wie das aussehen soll: "Die CDU wird in Brandenburg nur in eine Regierung eintreten, aufgrund der Ergebnisse, mit SPD und Grünen. Andere Optionen wird es in Brandenburg definitiv nicht geben." Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer betont, sie wolle rot-rot-grün in Brandenburg "verhindern". Senftlebens Wunsch-Koalition aus CDU, SPD und Grünen käme auf eine deutliche Mehrheit von 50 Sitzen. Ebenso groß wäre die Mehrheit bei rot-rot-schwarz. Einer Koalition, in der sich sowohl die CDU als auch die Linken wiederfinden, hat Senftleben aber erstmal eine Absage erteilt. Dabei wäre sie in Brandenburg nicht ganz so unwahrscheinlich gewesen wie in anderen Ländern.

Und was sagt die SPD dazu? Ihr Landesvorstand hat am Montag getagt und sich entschieden, zuerst mit der CDU über eine mögliche Koalition zu sprechen. Die CDU sei der stärkste Partner, erklärt Woidke. Die Sondierungen sollten wahrscheinlich noch in dieser Woche beginnen. Die CDU werde aber nicht die einzige Partei sein, mit der die SPD reden werde: "Wir werden mit allen sondieren, die für eine Regierungsbildung infrage kommen."

Grafiken: Michael Hörz

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