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Kurden-Konflikt in der Türkei:Türkische Polizei soll Leiche eines Kurden geschändet haben

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In der Türkei sorgen Berichte für Empörung, wonach Polizisten die Leiche eines Kurden geschändet haben sollen. Am Wochenende waren Foto- und Videoaufnahmen aufgetaucht, die belegen sollen, wie ein Polizeifahrzeug im südostanatolischen Şırnak die Leiche eines getöteten Kurden durch die Stadt schleift. Der Mann soll bei Gefechten getötet worden sein.

Ein solches Verhalten sei nicht hinnehmbar, schrieb Ministerpräsident Ahmet Davutoğlu in einem Statement auf seiner Facebook-Seite. Juristische und dienstrechtliche Ermittlungen seien eingeleitet worden. Laut der Zeitung Hürriyet erklärte das Innenministerium, nach ersten Angaben sei die Leiche vorübergehend hinter dem Fahrzeug hergeschleift worden, weil der Verdacht bestanden habe, dass sie mit einer Sprengfalle versehen war.

Demirtaş: "Niemand soll dieses Foto vergessen."

Die Aufnahmen lösten bei den Kurden in der Türkei große Empörung aus. Der Vorsitzende der legalen Kurdenpartei HDP, Selahattin Demirtaş, verbreitete ein Foto der vermeintlichen Leichenschändung über Twitter. Darunter schrieb er, niemand solle das Foto vergessen, "weil wir es nicht vergessen werden". Polizisten in dem Fahrzeug sollen den Getöteten während der Fahrt verhöhnt und verflucht haben.

Bei dem Toten handelte es sich laut Presseberichten um Hacı Lokman Birlik, den Schwager der HDP-Parlamentsabgeordneten für Şırnak, Leyla Birlik. Der Südosten der Türkei, in dem viele Kurden leben, wird seit Juli von erneuten Gefechten zwischen türkischen Sicherheitskräften und der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) erschüttert. Mehrere Hundert Menschen kamen seither ums Leben.

Der türkischen Tageszeitung Today's Zaman zufolge fand Birliks Beisetzung am Samstag in Şırnak statt. Dabei soll der Mann der HDP-Abgeordneten Leyla Birlik Reportern gegenüber gesagt haben, dass "der Barbarismus der regierenden AKP Birlik getötet habe". Er soll hinzugefügt haben, dass das kurdische Volk nicht aufgeben werde, ganz egal wie viel Druck man auf es ausübe.

Kurden werfen Regierung schwere Menschenrechtsverletzungen vor

Kurdenvertreter werfen Polizei und Armee vor, beim Kampf gegen die PKK schwere Menschenrechtsverletzungen zu begehen. Dagegen betont die Regierung, das Vorgehen gelte lediglich der PKK, nicht aber kurdischen Zivilisten, und werde unter strikter Beachtung rechtsstaatlicher Regeln geführt.

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