Süddeutsche Zeitung

Kohleausstieg:Erleichterung über den Kohle-Kompromiss

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Wirtschaft und Klimaschützer loben den Ausstieg bis 2038 als "Durchbruch". Der Bund will rasch Konsequenzen ziehen.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Bundesregierung und Unternehmen zeigen sich erleichtert über den Konsens zum Kohleausstieg. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) begrüßten die Einigung. "Entscheidend ist, dass auf der Grundlage des Beschlusses das Klimaziel 2030 ebenso erreicht werden kann wie anhaltende Versorgungssicherheit in Deutschland", sagte Altmaier der SZ. In den nächsten Wochen werde der Bund konkrete Vorschläge zur Umsetzung vorlegen.

Zuvor hatte die Kohlekommission nach mehr als 20-stündigen Verhandlungen mit nur einer Gegenstimme einen Fahrplan für das Ende des Kohlestroms beschlossen. Demnach sollen schon bis 2022 rund sieben Braunkohle-Blöcke zusätzlich vom Netz gehen, zudem weitere Steinkohlekraftwerke mit einer Leistung von etwa sieben Gigawatt. Derzeit gibt es in Deutschland Kohlekraftwerke mit einer Gesamtleistung von etwa 40 Gigawatt. Bis 2030 sollen nur noch 17 Gigawatt übrig sein, bis 2038 gar nichts mehr. Ob das Ende womöglich schon auf 2035 vorgezogen wird, soll 2032 noch einmal überprüft werden.

Die Stromwirtschaft begrüßte das Ergebnis. "Das ist der erhoffte Durchbruch", sagte Marie-Luise Wolff, Chefin des Branchenverbands BDEW. "Für den Energiesektor gibt es jetzt einen klaren, realistischen Pfad." Damit lasse sich die Energiewende "mit erhöhter Kraft zum Erfolg führen". Der Industrieverband BDI hält die Pläne für "anspruchsvoll, aber machbar".

Welche Kraftwerke abgeschaltet werden und wie deren Betreiber entschädigt werden, muss die Bundesregierung nun mit den Unternehmen aushandeln. Bei der Braunkohle wäre nach den Empfehlungen der Kommission zunächst vor allem das rheinische Revier betroffen. Hier stehen einige der ältesten Kraftwerke des Landes, die der Energiekonzern RWE betreibt.

Aus dem Unternehmen kam Kritik an den Empfehlungen der Kommission. Die Vorschläge hätten "gravierende Folgen für das Braunkohlegeschäft", sagte RWE-Chef Rolf Martin Schmitz. Dies gelte auch für die Schonung des Hambacher Forstes. Der Wald am Rande des Tagebaus Hambach war zuletzt Gegenstand erbitterter Auseinandersetzungen. Seine Erhaltung nennt die Kommission "wünschenswert".

Zugleich empfiehlt sie ein milliardenschweres Strukturprogramm für die betroffenen Reviere. Neben dem Rheinland sind das vor allem die Lausitz und das mitteldeutsche Revier nahe Leipzig. In einem Staatsvertrag soll sich der Bund verpflichten, über 20 Jahre hinweg jährlich 1,3 Milliarden Euro für die Länder bereitzustellen, die vom Ende der Kohleverstromung betroffen sind. Dies wären vor allem Brandenburg, Sachsen und Nordrhein-Westfalen. Die Länder hatten mehr als 600 Projekte zusammengetragen, die den Revieren über die Kohle hinweghelfen sollen.

Auch Umweltschützer zeigten sich mit dem Ergebnis zufrieden. Für die Energiepolitik in Deutschland sei das Ergebnis ein Wendepunkt, sagte Martin Kaiser von Greenpeace. "Der Zug hat den Bahnhof verlassen und ist nicht mehr aufzuhalten."

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Quelle:
SZ vom 28.01.2019
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