Süddeutsche Zeitung

Große Koalition:Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz gescheitert

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Justiz- und Familienministerin Lambrecht wirft Union und Opposition vor, ihnen habe der Wille zur Einigung gefehlt. "Unsere Kinder hätten es verdient gehabt, dass sich alle zusammenraufen", so die SPD-Politikerin.

Nach Angaben von Justiz- und Familienministerin Christine Lambrecht sind die Verhandlungen über die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz für die aktuelle Legislaturperiode gescheitert. Sie sei zutiefst enttäuscht, erklärte die SPD-Politikerin, die seit dem Ausscheiden von Franziska Giffey aus der Bundesregierung auch Bundesfamilienministerin ist.

Zuvor war die abschließende Verhandlungsrunde mit Vertretern der Bundestagsfraktionen am Montag ohne Ergebnis geblieben. Lambrecht warf Union und Opposition vor, ihnen habe der Wille zur Einigung gefehlt. "Dies ist besonders schade, weil wir kurz vor einer Einigung standen und diese Gelegenheit so schnell nicht wiederkommen wird", erklärte die SPD-Politikerin.

Sie bedauere "zutiefst, dass der Streit über Detailfragen eine Einigung bei diesem so wichtigen Vorhaben verhindert hat". Kinder seien besonders schutzbedürftig, und die Corona-Pandemie habe dies eindrücklich vor Augen geführt. "Unsere Kinder hätten es verdient gehabt, dass sich alle zusammenraufen und im Sinne der Sache zu einer Lösung kommen."

Union und SPD hatten die Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz im Koalitionsvertrag vereinbart

Kinderschutzorganisationen fordern den Schritt seit Jahren. Durch die Festschreibung in der Verfassung, so argumentieren die Befürworter, bekämen die Belange von Kindern ein ganz neues Gewicht und müssten immer mitgedacht werden - etwa bei der Gesetzgebung oder ganz praktisch bei der Planung, ob an einem Ort ein Spielplatz oder eine Tankstelle entstehen soll oder ob eine Umgehungsstraße um eine Wohnsiedlung gebaut wird. Union und SPD hatten in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, Kinderrechte explizit ins Grundgesetz aufzunehmen.

Der Bundestag hatte Mitte April über den Gesetzentwurf der Bundesregierung beraten. Seither liefen Gespräche zur Kompromisssuche. Für eine Änderung des Grundgesetzes ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich, weshalb die Regierungsfraktionen von CDU/CSU und SPD die Unterstützung wichtiger Teile der Opposition benötigen.

Diskussionen gab es in den Gesprächen darüber, ob durch die Aufnahme ins Grundgesetz die Position des Staates zulasten von Familien gestärkt werden könnte, was zuletzt insbesondere die Union umtrieb. Teile der Opposition wollten die Grundgesetzänderung auch mit einem umfassenderen Diskriminierungsverbot verbinden.

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