Süddeutsche Zeitung

Kantinen-Essen:Kieler Abgeordnete veräppeln CDU wegen Schweinefleisch-Antrag

Lesezeit: 1 min

Für eine "gesunde und ausgewogene Ernährung" wollte die CDU in Schleswig-Holstein sich stark machen. Und vor allem dafür, dass "insbesondere Schweinefleisch auch weiterhin im Nahrungsmittelangebot sowohl öffentlicher Kantinen als auch in Kitas und Schulen erhalten bleibt". "Pluralismus im Nahrungsmittelangebot öffentlicher Kantinen", hieß der entsprechende Antrag, über den der Landtag in Kiel am Mittwoch beriet.

CDU-Fraktionschef Daniel Günther verteidigte den Vorstoß. Oberstes Ziel müsse eine gesunde und ausgewogene Ernährung sein. "Minderheitenschutz - auch aus religiösen Gründen" dürfe nicht dazu führen, dass eine "Mehrheit aus falsch verstandener Rücksichtnahme in ihrer freien Entscheidung überstimmt" werde, sagte er.

Gejohle, Gelächter, Kalauer und Wortspiele rund ums Schwein prägten dann die lebhaft-ironische Debatte nach der Mittagspause, in der die Abgeordneten in der Kieler Landeshauskantine neben Matjes und Entenkeule auch Schweinenackenbraten essen konnten.

Die CDU sah sich mit dem Vorwurf konfrontiert, Rechtspopulismus zu betreiben und Stimmung gegen Flüchtlinge zu machen. Der Vorstoß der Christdemokraten wurde letztlich von allen anderen Fraktionen abgelehnt.

"Freiheit am Schwenkgrill verteidigen"

Landwirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte, der Antrag wirke politisch hochgefährlich und sei ausschließend, weil die Mehrheit gegen die Minderheit ausgespielt werde. Kantinen sollten einfach selbst über ihr Essensangebot entscheiden.

Der SPD-Abgeordnete Martin Habersaat spöttelte: Die muslimischen Flüchtlinge kämen bekanntlich zu keinem anderen Zweck nach Mitteleuropa, "als uns, Seite an Seite mit Vegetariern, Veganern und Rheumatikern, das Schwein madig zu machen". Hier gelte es "unsere Freiheit am Schwenkgrill zu verteidigen".

Die Schweinefleisch-Forderung hatte großes Aufsehen erregt. Deutsche, aber auch britische und US-Medien berichteten darüber. Und der Kieler CDU-Fraktionsvorsitzende Günther berichtete, sogar der regierungstreue russische Auslandsfernsehsender "RT Deutsch" habe ihn interviewen wollen (was er aber abgelehnt habe). Auch Kanzlerin Angela Merkel hatte sich dazu geäußert.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2900525
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/dpa
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.