Süddeutsche Zeitung

Jamaika-Gespräche:Mikado und Migration bei den Jamaika-Verhandlungen

Lesezeit: 2 min

Von Cerstin Gammelin, Kristiana Ludwig , Mike Szymanski, Berlin

Bei den Sondierungsgesprächen für ein schwarz-gelb-grünes Regierungsbündnis sind die Vorbereitungen für das entscheidende Treffen am Donnerstag ins Stocken geraten. Hochrangige Unterhändler von CDU, CSU, FDP und Grünen versuchen seit Beginn der Woche, in bilateralen Treffen Kompromisse auszuloten, mit denen sie in die finalen Verhandlungen gehen können. Ziel ist es, am Freitag mit einem Sondierungsergebnis dazustehen, das den Parteien die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen erlaubt.

Die Sondierer hatten ursprünglich geplant, am späten Dienstagabend über das heikle Thema Migration zu sprechen. Doch dann wurde aus Verhandlungskreisen bekannt, dass die Vertreter der Parteien sich in diesem wichtigen Punkt vertagen - weil sie beim ähnlich kontroversen Thema Verkehr überkreuz lägen. Die Forderungen der Grünen in der Verkehrspolitik seien nicht annehmbar, sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt am Rande der Verhandlungen. Dazu gehöre die Forderung der Grünen nach einer höhere Mineralölsteuer für Dieselkraftstoff. Die CSU werde nichts mitmachen, was die Mobilität einschränke oder die deutsche Automobilindustrie gefährde, betonte Dobrindt. Unter Umständen müsse man auch an diesem Mittwoch noch über das Thema Verkehr sprechen. FDP-Chef Christian Lindner sagte, es sei "ein überraschend großer Beratungsbedarf" aufgetaucht.

Die Verzögerung in der Verkehrspolitik erhöht den Druck auf die Sondierer abermals, in der ebenso strittigen Migrationspolitik bis Donnerstagabend zu einer Einigung zu gelangen. Ein Unterhändler erklärte am Dienstag vor den zunächst geplanten Beratungen in der Fachgruppe, das Verfahren sei insgesamt nur schleppend vorangegangen, das Taktieren der Partner erinnere ihn ans Mikado-Spiel: Wer sich zu viel bewege, habe verloren. Auf Unionsseite beharrt die CSU auf ein Signal der Begrenzung des Zuzugs, lehnt den Familiennachzug ab. CSU-Landesgruppenchef Dobrindt hatte die Positionen seiner Partei bis zuletzt als "unverrückbar" bezeichnet. Den heftigsten Widerstand leisten die Grünen.

Grüne für "Menschlichkeit und Ordnung" beim Thema Migration

Damit, dass Familien zusammenkommen könnten, sei die Partei "ganz stark in der Pflicht", sagte die Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt am Dienstag vor den Beratungen. Insgesamt wollten die Grünen im Bereich Flucht und Migration "Menschlichkeit und Ordnung", so Göring-Eckardt. "Beides gehört zusammen." Die Kluft zwischen CSU und Grünen galt bereits am Dienstag als derart groß, dass nicht mit einer schnellen Einigung gerechnet wurde.

Es hieß, am Ende müssten wohl die Parteichefs versuchen, diesen Konflikt aufzulösen. In der Landwirtschaftspolitik sind sich die Verhandler dafür in vielen Zielen einig, so wollen sie etwa das Tierwohl stärken und weniger Chemie einsetzen. In den Bereichen Innere Sicherheit und Recht am Dienstagvormittag habe es Annäherungen gegeben, sagte der Grünen-Politiker Konstantin von Notz.

Am Dienstagnachmittag standen Arbeit, Rente und Gesundheit erneut auf der Tagesordnung. Weitgehend einig sind sich die Parteien beim Thema Pflege. Mit einem Sofortprogramm wollen sie die Arbeitsbedingungen in Altenheimen und Krankenhäusern verbessern. Die Liberalen waren gegen bundesweit verbindliche Personalschlüssel.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3749219
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 15.11.2017
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.