Süddeutsche Zeitung

Italien:Silvio Berlusconi ist tot

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Er war Meister der Verführung des Volkes und Modell für viele Populisten. Bleiben wird die Erinnerung an einen unglaublichen Aufstieg. Allerdings hat Berlusconi etwas versäumt.

Von Oliver Meiler, Rom

Zwanzig Jahre lang hat Silvio Berlusconi die Sicht der Welt auf Italien monopolisiert mit seinem eigentümlichen Verständnis von Politik, mit den Schlagzeilen über seine Provokationen und Prozesse, seine bunten Skandale und Affären. Nun ist der Multimilliardär, Medienunternehmer und mehrfache italienische Ministerpräsident im Alter von 86 Jahren gestorben.

Von allen Premiers, die das politisch stets unstete Italien seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs hatte, regierte keiner das Land so lange wie Berlusconi - insgesamt neun Jahre. Immer wieder gelang ihm der Sprung an die Macht: 1994, 2001, 2005 und 2008. Es hing Berlusconi der Ruf nach, als Wahlkämpfer eine bessere Figur abgegeben zu haben denn als Regierungschef: Er war ein Meister in der Verführung des Volkes, ein Modell für viele Populisten. Dabei konnte er auf die Macht seiner eigenen Medien zählen: Alle drei nationalen Privatfernsehsender im Land, für die man nicht bezahlen muss, gehören zu seinem Imperium.

Obwohl er immer wieder neue Chancen bekam, versagte Berlusconi als Reformer des Landes, als der er sich selbst immer sah. Seine Bonmots waren oft ironisch und verstörend zugleich. Einmal sagte er: "Ich bin der Jesus Christus der Politik." Ein anderes Mal: "Nur Napoleon hat mehr geleistet als ich, aber ich bin größer."

Er stieg 1993 in die Politik ein und schaffte es, Italiens Rechte zu einem Block zusammenzuschweißen - von den Postfaschisten über die Lega Nord bis zu den Christdemokraten der verflossenen Democrazia Cristiana. So trug Berlusconi maßgeblich dazu bei, dass das heterogene Politsystem für zwei Jahrzehnte bipolar und damit auch etwas stabiler wurde.

Berlusconi hat keinen Nachfolger aufgebaut

Sein Instinkt dafür, was das Volk hören wollte, festigte die Führungsrolle des schillernden Politikers. Doch im Herbst seiner Karriere häuften sich Berlusconis strategische Fehler. Er versäumte es, einen Nachfolger aufzubauen, der das Lager zusammenhalten könnte. Heute steht seine eigene Partei nicht mehr an der Spitze, stattdessen regiert Italiens ganz rechte Rechte das Land. Berlusconis liberale Partei Forza Italia ist nur noch Juniorpartnerin der postfaschistischen Fratelli d'Italia und der Rechtspopulisten der Lega. Er selbst war in diesem Bündnis kein Minister, saß aber als Abgeordneter im Senat, der zweiten italienischen Parlamentskammer.

Immer wieder stand Berlusconi im Zentrum von Skandalen um Macht, Geld und Frauen. Auf der Anklagebank war er Dauergast. Einige Male wurde er rechtskräftig verurteilt, zeitweilig war ihm das Ausüben politischer Ämter verboten.

Bleiben wird die Erinnerung an einen unglaublichen Aufstieg, nachdem in Italien Anfang der 1990er-Jahre die meisten Parteien der Ersten Republik im Sumpf der Korruption versunken waren und dieser dauerlachende Entertainer aus Mailand die Bühne betrat. Berlusconi weckte in den Italienern das Gefühl, dass er es schaffen würde, ihr Leben besser zu machen, leichter, freier, lustiger.

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