Süddeutsche Zeitung

Italien: Proteste gegen Berlusconi:Zur Ehre Italiens

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Brava, kann man jeder Demonstrantin in Italien nur zurufen, die gegen den Premier auf die Straße gegangen ist. Das Problem ist, dass Berlusconi sich darum nicht scheren wird.

Andrea Bachstein

Das ist einmal eine gute Nachricht aus Italien. Es gibt also doch noch eine kritische Masse in diesem Land, in dem so viele Menschen das politische Geschehen und den zigsten Skandal von Premier Silvio Berlusconi nur noch mit erschöpfter Resignation zur Kenntnis nehmen und in dem das Nichtwähler-Potenzial inzwischen auf bis zu 40 Prozent geschätzt wird.

Die Demonstrationen Hundertausender Frauen in 230 Städten sind ein Akt des Selbstrespekts gewesen. Und sie waren der Versuch, die von den Affären Berlusconis beschädigte Ehre des Landes wieder aufzupolieren - und die Würde der Frauen wieder herzustellen.

Es ging darum klarzumachen, dass die Mehrheit der Italienerinnen sich kein bisschen repräsentiert fühlt von dem Typus Frau, der dank Berlusconi weltweit Schlagzeilen gemacht hat.

Auf den Plätzen Italiens haben sich all die versammelt, die es satt haben, dass der Ministerpräsident seine Macht missbraucht, um sich selbst vor der Justiz zu retten; der Frauen missbraucht, in dem er von ganz oben vermittelt, dass es ihre angemessene Rolle sei, käuflich und allzeit bereit zu sein; der mehr als einmal klargemacht hat, dass unter seiner Führung bei Frauen nicht Kompetenz sondern Aussehen darüber entscheidet, ob er ihnen zu einer politischen Karriere verhilft.

Brava, kann man da jeder Demonstrantin zurufen. Das Problem ist nur, dass Berlusconi sich um diesen Protest nicht scheren wird. Er fürchtet nicht die Tausende auf den Plätzen.

Dafür zittert er im Moment wegen einer einzigen Frau: Er zittert vor der Richterin, die in diesen Tagen entscheiden soll, ob ihm wegen Prostitution Minderjähriger und Amtsmissbrauch der Prozess gemacht wird. Berlusconi zittert zu Recht. bac

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Quelle:
SZ vom 14.02.2011
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