Süddeutsche Zeitung

Nahost:Israel greift Dutzende Ziele in Syrien an

Lesezeit: 2 min

Von Alexandra Föderl-Schmid, Tel Aviv

Es ist ungewöhnlich, dass die israelische Armee Informationen über Angriffe in Syrien veröffentlicht. Diesmal gab es sogar ausführliche Angaben: Kampfjets hätten "Dutzende" militärische Ziele der iranischen Quds-Brigaden und von syrischen Kräften angegriffen, hieß es in einer Mitteilung. Militärische Basen, Lagerräume und Boden-Luft-Raketen seien attackiert worden. Nach Beschüssen seien auch syrische Abwehrsysteme angegriffen worden. Auf einer von der Armee veröffentlichten Landkarte wurden Ziele rund um Damaskus und in der Nähe der Golanhöhen markiert. Nach Angaben der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London soll es elf Tote gegeben haben, davon sollen sieben Iraner sein.

Laut israelischen Medienberichten sollen rund zwanzig Ziele getroffen worden sein. Darunter soll sich auch das Hauptquartier der iranischen Quds-Brigaden am Flughafen von Damaskus befinden. Die israelische Armee soll vermieden haben, das S-300-Abwehrsystem und damit russische Ziele zu bombardieren. Nach Angaben der offiziellen syrischen Nachrichtenagentur Sana wurden Ziele in der Nähe von Damaskus angegriffen. In den sozialen Medien kursierten Bilder, die Explosionen über der syrischen Hauptstadt zeigten.

Nach den Angriffen erklärte ein Armeesprecher, man sei auf mögliche Reaktionen vorbereitet. Für die Bevölkerung auf den dünn besiedelten, von Israel annektierten Golanhöhen wurden allerdings keine besonderen Verhaltensmaßnahmen erlassen. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erklärte nach den Bombardierungen in Syrien: "Wir haben deutlich gemacht: Jeder der uns angreift, den greifen wir an. Das haben wir mit den Angriffen gegen militärische Ziele der iranischen Quds-Kräfte und der syrischen Kräfte gemacht."

Die israelische Armee reagierte damit auf vier Raketen, die in der Nacht auf Dienstag auf die von Israel annektierten Golanhöhen abgefeuert worden waren. Das Abwehrsystem Iron Dome (Eisenkuppel) hatte sie abgefangen. Israels Außenminister Israel Katz hat Iran beschuldigt, hinter dem Beschuss zu stehen. Israel sieht in dem Raketenbeschuss einen Beweis dafür, dass sich iranische Kräfte immer mehr im Nachbarland Syrien ausbreiten. Bisher hatte es nur selten Raketenbeschuss aus Syrien Richtung Israel gegeben.

Russland hat Israel für die Angriffe kritisiert. Der Einsatz verstoße gegen das Völkerrecht, sagte Vizeaußenminister Michail Bogdanow der Agentur Interfax zufolge. Damit drohe die Lage zu eskalieren. "So etwas ist falsch." Russland ist ein Verbündeter Syriens.

Israelische Experten gehen von einem mit 120 000 Raketen gefüllten Depot in Libanon aus

Iranische Quds-Brigaden haben während des seit sieben Jahren andauernden Bürgerkriegs die Truppen von Präsident Baschar al-Assad unterstützt. Israel sieht Iran als größte Bedrohung für seine Sicherheit, weil zu Teherans Verbündeten auch die Hisbollah-Miliz im Nachbarland Libanon gehört. Die Hisbollah verfügt über ein weitaus größeres und moderneres Raketenarsenal als die Gruppen im Gazastreifen. Israelische Experten gehen von einem mit 120 000 Raketen gefüllten Depot in Libanon aus, im Gazastreifen sollen die Gruppen über rund 20 000 verfügen.

Die im Gazastreifen operierende Gruppe Islamischer Dschihad wird ebenfalls von Iran gestützt. Der Raketenbeschuss auf die Golanhöhen in der Nacht zum Dienstag wurde wiederum als Reaktion auf einen Angriff auf das Haus eines Führers des Islamischen Dschihad, Akram al-Ajouri, in Damaskus in der Vorwoche gesehen, hinter dem das israelische Militär vermutet wird. Es wurde nach syrischen Angaben jedoch nicht der Mann, sondern dessen Sohn und eine Enkelin getötet. Nach der gezielten Tötung des Islamischen-Dschihad-Kommandanten Baha Abu al-Ata im Gazastreifen durch die israelische Armee hatte die militante Gruppe in der Vorwoche rund 450 Raketen auf Israel abgefeuert.

Die israelische Armee hatte in den vergangenen Jahren mehr als hundert Angriffe im Nachbarland Syrien durchgeführt - vor allem gegen iranische Ziele. Dies geschah mit Billigung Russlands. Nur selten gab es Raketenbeschuss aus Syrien Richtung Israel.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4689336
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.