Süddeutsche Zeitung

Irans Präsident Hassan Rohani:Vorsicht vor der Charmeoffensive

Lesezeit: 2 min

Iran ist zurück auf der internationalen Bühne. Präsident Rohani ist kein Freund des Westens, doch seit dem Atomabkommen bemüht er sich um Annäherung. Für Umarmungen ist es dennoch zu früh.

Ein Kommentar von Paul-Anton Krüger

Mit Reisen von hochrangigen Politikern sind zumeist subtile Botschaften verbunden: Der Antrittsbesuch eines Außenministers sagt etwas über die Wertschätzung für die Verbündeten aus. Und wird die Visite eines Regierungschefs abgeblasen, lässt sich das oftmals als Zeichen der Verärgerung deuten, so etwa als Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff ihren Besuch in Washington wegen der NSA-Spionageaffäre absagte.

Betrachtet man dieser Tage das Reiseprogramm hoher iranischer Offizieller, ist vor allem ein Signal zu erkennen: Wir sind zurück auf der internationalen Bühne, mit uns kann man wieder ins Geschäft kommen, wirtschaftlich wie politisch.

Mahmud Ahmadinedschad flog einst bevorzugt zu seinem Revoluzzer-Freund Hugo Chávez nach Venezuela, zum simbabwischen Potentaten Robert Mugabe, oder er empfing Emissäre der nordkoreanischen Regimes in Teheran. Sein Nachfolger im Präsidentenamt dagegen, der moderate Kleriker Hassan Rohani, jettet nun nach Davos zum Weltwirtschaftsforum. Er lässt sich nicht einmal davon abhalten, dass nur Stunden nach ihm Israels Premier Benjamin Netanjahu an selber Stelle sprechen wird.

Außenminister Mohammed Dschawad Sarif putzt in Moskau Klinken, kann hoffen, mit einem Platz am Tisch der Syrien-Friedenskonferenz die Statur seiner Regierung weiter aufzuwerten, und wird sich auf der Münchner Sicherheitskonferenz - eloquent und weltläufig wie immer - als das neue, freundliche Gesicht der Islamischen Republik präsentieren.

Der schwierige Teil der Arbeit steht noch bevor

Möglich geworden ist diese Phase der iranischen Charmeoffensive durch den Genfer Nuklear-Deal, in langen November-Nächten ausgehandelt und pünktlich zum Konferenz-Marathon im Januar besiegelt. Das Abkommen hat die beste Chance seit einem Jahrzehnt eröffnet, den Atomstreit friedlich beizulegen und die Beziehungen zwischen Iran und dem Westen zu normalisieren. Daran wäre allen Beteiligten gelegen. Sollte dagegen die Einigung scheitern, wären die Folgen vermutlich verheerend. Gerade deshalb sollten Politiker wie Wirtschaftsbosse in Moskau und Washington ebenso wie in Europa nicht aus den Augen verlieren, dass der schwierigere Teil der Arbeit noch bevorsteht.

Bis zum Sommer wollen die fünf UN-Vetomächte und Deutschland mit Iran ein endgültiges Abkommen über das umstrittene Atomprogramm aushandeln. Iran hat sich dazu vor allem deshalb bereitgefunden, weil die Sanktionen der USA und der EU die Wirtschaft des Landes dem Abgrund entgegengetrieben haben. Die Einigung von Genf gewährt Rohani eine Verschnaufpause, genug, um gegen die Hardliner daheim bestehen zu können.

Doch wäre es ein Fehler, jetzt weiteren Druck von ihm zu nehmen, etwa durch ein Ölgeschäft, das Russland gerade einzufädeln versucht. Für Umarmungen ist es zu früh: Rohani wird nicht aus freien Stücken jene berühmten Grenzen für das Nuklearprogramm akzeptieren, die man zur Sicherheit setzen muss: Der Westen muss sich darauf verlassen können, dass Iran nicht auf die Schnelle Atomwaffen bauen wird.

Rohani ist kein Reformer, er ist kein Freund des Westens. Er sucht ein Auskommen mit dem Westen, vor allem mit Amerika. Er weiß, dass damit den Interessen seines Landes am besten gedient ist, und auch den USA wäre damit gedient - mehr jedenfalls, als mit einer neuen Eskalation im Nahen Osten oder gar einem weiteren Krieg. Im US-Kongress wollen das etliche Senatoren nicht einsehen - vor allem aus falsch verstandener Bündnistreue zu Israel. Es wäre tragisch, sollte es ihnen gelingen, mit neuen Sanktionen die Gespräche zu sabotieren. Wenn aber die kühlen Köpfe Oberhand behalten, könnte am Ende eine historische Reise stehen: die von US-Außenminister John Kerry nach Teheran.

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SZ vom 18.01.2014
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