Süddeutsche Zeitung

Iran-Konflikt:Europa muss jede Chance ergreifen, den Iran-Deal zu retten

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Die USA wollen das Atomabkommen mit Iran zerstören. Außenminister Maas hat dem kaum etwas entgegenzusetzen. Aber es ist richtig, dass er es versucht.

Kommentar von Daniel Brössler

Realistisch betrachtet kann Außenminister Heiko Maas an Pfingsten nur ein Wunder helfen. Wenn seine Nahostreise am Montag in Teheran endet, spricht so gut wie alles gegen einen Erfolg. Der Wucht, mit der die USA ihre politische und wirtschaftliche Übermacht einsetzen, um das Atomabkommen mit Iran zu zerstören, hat ein deutscher Außenminister wenig entgegenzusetzen. Dennoch ist es richtig, dass Maas diese Reise ins Risiko unternimmt. Die planlose Zerstörung des Atomabkommens ist nach einhelliger Überzeugung europäischer Regierungen gefährlicher Irrsinn. Wenn dem so ist, dann muss jede, auch die kleinste Chance ergriffen werden, um den Deal doch noch zu retten.

Für Europa ist der Kampf um das Atomabkommen zu einer Frage der Selbstbehauptung geworden. Briten, Franzosen und Deutsche sind sich einig darin, dass das Abkommen mit Teheran vielleicht nicht gut ist, aber das bestmögliche. Sie sind überzeugt, dass ohne diesen Deal die Gefahr einer nuklearen Bewaffnung Irans ebenso steigt wie das Risiko eines Krieges. Es spricht Bände, dass selbst die im Brexit-Chaos auf das Wohlwollen Amerikas besonders angewiesenen Briten US-Präsident Donald Trump zumindest in dieser Frage die Stirn bieten. Verbunden sind die Europäer nicht zuletzt in ihrer Furcht vor den Folgen des von Trump angerichteten Unheils für sie selbst.

Maas weiß also, was er in Teheran will. Weit weniger gewiss ist, ob er einen Weg findet, es zu erreichen. Die Schwierigkeit besteht darin, die Iraner bei der Stange zu halten, ohne die eigene Glaubwürdigkeit aufs Spiel zu setzen. Zum einen müsste Iran überzeugt werden, sich trotz minimalen wirtschaftlichen Nutzens weiterhin an alle Bestimmungen des Atomabkommens zu halten. Zum anderen aber muss Maas das aggressive Gebaren Irans in der Region anprangern und unbedingt gerade in Teheran das Existenzrecht Israels betonen. Gefragt ist also eine kluge Mischung aus Werben und Warnen.

Iran droht die fast totale Isolation

Anbieten kann Maas wenig, aber nicht nichts. Gearbeitet wird an einem Instrument namens Instex, um Handel mit Iran außerhalb der üblichen Zahlungskanäle und ohne US-Dollar abzuwickeln. Mehr als ein paar kleine Löcher in das von den USA über Iran gelegte Netz aus umfassenden Sanktionen kann das nicht reißen. Schon gar nicht kann es die riesigen Verluste aufgrund des Ölembargos ausgleichen. Nützlich kann Instex dennoch sein - als Zeichen, dass es die Europäer trotz großen amerikanischen Drucks ernst meinen mit dem Erhalt des Abkommens.

Die wichtigste Botschaft des deutschen Außenministers aber wird sein: Hält sich Iran bald, wie angedroht, nicht mehr an die Vorgaben des Abkommens, gibt es praktisch nichts mehr, was die Europäer tun können. Iran droht dann die fast totale Isolation. Letztlich bleibt Maas also nur, ausgerechnet in Teheran an die Vernunft zu appellieren. Das bewirkt in den seltensten Fällen Wunder, nennt sich aber Diplomatie.

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