Süddeutsche Zeitung

Inhaftierte NSU-Terroristin:Zschäpe soll Gefangene zur Gewalt angestiftet haben

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Tabak, Zucker und 30 Euro als Lohn für eine "Abreibung". Beate Zschäpe soll versucht haben, eine Mitgefangene zur Gewalt anzustiften. Alles unwahr, meint die mutmaßliche NSU-Terroristin. Eigentlich meide sie Konflikte.

Von Hans Leyendecker und Tanjev Schultz

Die mutmaßliche NSU-Terroristin Beate Zschäpe hat bisher zu allen Vorwürfen geschwiegen, doch zu der Anschuldigung einer Mitgefangenen hat sie sich Ende Januar ausführlich geäußert. Eine Strafgefangene hatte behauptet, Zschäpe hätte sie anstiften wollen, einer farbigen Mitgefangenen "eine Abreibung" zu erteilen, und ihr dafür Kaffee, Tabak, Zucker und 30 Euro angeboten. Zschäpe habe die Farbige nicht leiden können.

Die Gefangene, die den angeblichen Auftrag im November 2012 erledigen sollte, habe jedoch abgelehnt. Zschäpe wurde dazu in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Köln-Ossendorf befragt. Dort saß sie bis vor Kurzem in Untersuchungshaft, bevor sie nach München verlegt wurde, wo am 17. April der NSU-Prozess beginnt.

Sie erkaufe sich keine Freundschaften

Sie sagte in Köln, die Vorwürfe seien "nicht wahr"; es wäre auch nicht ihre Art, "da ich eigentlich Konflikte meide und sie nicht suche". Zudem erkaufe sie sich keine Freundschaften mit Tabak, Kaffee "oder sonst irgendwas", heißt es im Anhörungsprotokoll, bei dem Zschäpe allerdings, wie es offenbar ihre Gewohnheit ist, eine Unterschrift verweigerte.

Zschäpe kündigte bei der Anhörung an, sie werde Anzeige wegen Verleumdung erstatten. Einer ihrer Anwälte, der Kölner Strafverteidiger Wolfgang Heer, wies wie seine Mandantin die Vorwürfe strikt zurück und bestätigte am Freitag, dass Anfang März Anzeige wegen Verleumdung und falscher Verdächtigung erstattet worden sei.

Während des Hofgangs beschimpft

Die Leitung der JVA, die wegen des Tatverdachts vorläufige Sicherungsmaßnahmen angeordnet hatte, ließ Ende Januar mehrere Gefangene befragen, niemand bestätigte jedoch die Vorwürfe. Es habe keine weiteren Erkenntnisse gegeben, die den Verdacht erhärtet hätten. Deshalb werde in der Sache auch keine Strafanzeige gegen Zschäpe gestellt, heißt es in einem Schreiben der JVA-Leitung.

Zu Beginn ihrer Haftzeit in Köln hatte Zschäpe einige Probleme mit anderen Gefangenen. Ihre Anwälte beklagten damals, Zschäpe sei während des Hofgangs beschimpft worden. Später entspannte sich die Lage. Eine Mitgefangene, die als politische Linksextremistin einer türkischen Organisation gilt und deshalb rechtskräftig verurteilt wurde, hatte jetzt einer JVA-Bediensteten den Hinweis gegeben, dass eine andere Gefangene angeblich von Zschäpe angestiftet werden sollte.

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Quelle:
SZ vom 30.03.2013
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