Süddeutsche Zeitung

Großbritannien:May: Wir treten am 29. März aus

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Kurz vor der Abstimmung in London dementiert die Premierministerin Gerüchte, der Brexit werde aufgeschoben. Sie warnt das Parlament vor katastrophalen Folgen, sollte das Abkommen scheitern.

Von Cathrin Kahlweit und Alexander Mühlauer, London/Brüssel

Vor der entscheidenden Parlamentsabstimmung über den Brexit-Vertrag an diesem Dienstag wächst in Europa die Sorge vor den unberechenbaren Folgen des Votums. Eine Ablehnung des mit Brüssel ausgehandelten Abkommens werde "katastrophale" Auswirkungen für die Demokratie im Land haben, warnte die britische Premierministerin Theresa May am Montag in einer Rede vor Fabrikarbeitern in der englischen Stadt Stoke-on-Trent. Dort hatte eine deutliche Mehrheit der Bürger beim Referendum für den Austritt aus der EU gestimmt.

Am Montag verlor May einen ihrer Mehrheitsbeschaffer im Parlament: Der Abgeordnete Gareth Johnson legte sein Amt als "Einpeitscher" für das Brexit-Abkommen nieder - dieses laufe den "Interessen der Nation" zuwider. Dennoch versuchte May bis zuletzt, die erwartete Niederlage abzuwenden und eine Mehrheit der Abgeordneten davon zu überzeugen, für den Austrittsvertrag zu votieren. Bei einem Auftritt im Parlament versuchte May, die Abgeordneten mit neuen Klarstellungen aus Brüssel umzustimmen.

In einem gemeinsamen Brief an May versicherten EU-Ratspräsident Donald Tusk und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, dass die umstrittene Notfalllösung für Nordirland nur eine Rückversicherung sei und möglichst nie genutzt werden solle. Würde der sogenannte Backstop dennoch gebraucht, dann nur übergangsweise, bis eine bessere Lösung gefunden sei. May zufolge sichere die EU auch zu, dass die Verhandlungen über die künftigen Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU bereits vor dem Austrittsdatum am 29. März, unmittelbar nach der Ratifizierung beginnen könnten. Diese Zusagen seien "rechtswirksam", sagte May, und müssten zur Interpretation des Austrittsabkommens hinzugezogen werden. Tusk und Juncker bekräftigten, dass die im Dezember auf dem EU-Gipfel gegebenen Zusicherungen zur Nordirland-Frage "einen rechtlichen Wert" hätten.

Die Premierministerin trat Spekulationen über einen möglichen Aufschub entgegen: "Wir treten am 29. März aus", sagte May. In Brüssel stellten EU-Diplomaten hingegen eine mögliche Verlängerung des Austrittsprozesses bis Juli in Aussicht. Dem müssten allerdings alle EU-Staaten zustimmen. Anfang Juli tritt das im Mai neu gewählte Europäische Parlament erstmals zusammen. Im Parlament beugten sich die Abgeordneten über zahlreiche Anträge, mit denen nach Mays erwarteter Niederlage ein alternativer Kurs festgelegt werden soll. Weil es bis zum Austrittstag nur noch etwa 70 Tage sind, wird im Unterhaus die Möglichkeit einer Verschiebung des Termins ebenso sondiert wie ein Misstrauensvotum mit nachfolgenden Neuwahlen und ein Gesetz über ein zweites Referendum. Damit würde den Bürgern die Brexit-Frage erneut vorgelegt werden.

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SZ vom 15.01.2019
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