Süddeutsche Zeitung

China:Helfer mit Hintergedanken

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Von Christiane Schlötzer, Athen

Roter Teppich, Kränze am Grabmal des unbekannten Soldaten und Lobreden auf das antike Erbe, das ganze Programm also: Chinas mächtigster Mann Xi Jinping hat sich drei ganze Tage Zeit für einen Staatsbesuch in Griechenland genommen. Und das Land war auch noch das einzige, das der chinesische Präsident diesmal in Europa besuchte - auf dem Weg zu einem Gipfeltreffen der Brics-Staaten in Brasilien, zu denen neben China und Indien auch Russland gehört. Griechenlands konservativer Premier Kyriakos Mitsotakis, erst seit Juli im Amt, weiß, warum er Xi hofiert; sein linker Vorgänger Alexis Tsipras hat es genauso gemacht.

Denn China hat auch während der Finanzkrise in das hochverschuldete Griechenland investiert, in seine marode Infrastruktur und sogar in griechische Staatsanleihen. "Sie kamen, als andere wegblieben", sagte Außenminister Nikos Dendias einem griechischen Radiosender. Athen bedankte sich für dieses Engagement schon in der Vergangenheit mit politischer Rücksichtnahme. Im Juni 2017, als Tsipras regierte, verweigerte Griechenland einer chinakritischen Stellungnahme der EU-Staaten im UN-Menschenrechtsrat die Zustimmung. Ein Jahr davor hatte der chinesische Staatskonzern Cosco 51 Prozent des Hafens von Piräus bei Athen erworben, mit der Zusage für zusätzliche 16 Prozent, wenn weiter investiert wird. Schon 2009 hatte der Logistikkonzern Cosco zwei Containerterminals in Piräus für 35 Jahre gepachtet und mit viel Geld modernisiert.

Piräus ist zentrale Station der "Neuen Seidenstraße"

Griechenlands Gläubiger hatten in den Jahren der Krise die Privatisierung von Staatsbesitz zur Bedingung für EU-Hilfskredite gemacht, auch Deutschland drängte darauf. Nun will China mit Investitionen von weiteren 600 Millionen Euro in Piräus Hamburg und Bremerhaven überholen und das griechische Containerdrehkreuz hinter Rotterdam und Antwerpen zum drittgrößten Hafen in Europa machen. Mitsotakis schwärmte, Piräus könnte auch "Nummer eins" in Europa werden.

Allerdings stoppten zwei Anliegergemeinden im Oktober einen Teil der Ausbaupläne. Cosco zeigte sich davon nach der bisherigen Vorzugsbehandlung überrascht. Das Athener Schifffahrtsministerium erklärte danach, man sei auf der Suche nach einem Kompromiss mit den lokalen Interessen und rechne lediglich mit einer Verzögerung des Projekts. Vor allem die Besitzer kleinerer Werften hatten gegen die Konkurrenz von Cosco mobil gemacht.

Piräus ist der erste Tiefseehafen, den Schiffe aus Asien im östlichen Mittelmeer erreichen, und zentrale Station auf der von Peking propagierten "Neuen Seidenstraße", bestehend aus Schiffs- und Bahnverbindungen von Asien nach Europa, Athen ist der Initiative Pekings beigetreten. China investiert Milliarden in sein globales Infrastrukturprojekt. Für Griechenland soll davon nun noch mehr abfallen. 16 Handelsvereinbarungen wurden in Athen unterzeichnet. Es geht dabei um den Export von Kiwis nach China, den Handel mit Safran und bedeutender: um Filialen zweier chinesischer Banken in Athen, Pekings Interesse am Bau einer Unterwasserstromleitung vom Festland zur Insel Kreta, die Zusammenarbeit von Universitäten und von Medien beider Länder sowie um die Auslieferung "gesuchter Personen".

Xi und Mitsotakis unterschrieben zudem ein Memorandum, in dem beide Seiten zusagen, "alle Hindernisse" für den Hafenausbau von Piräus zu überwinden. Cosco plant dort auch ein größeres Terminal für Kreuzfahrtschiffe. Chinesische Touristen seien gerade dabei, diese Form des Reisens zu entdecken. "Sie sind ganz verrückt nach Santorin", sagte ein Sprecher der Hafenverwaltung der Süddeutschen Zeitung. Cosco will zudem mehrere neue Luxushotels in Hafennähe bauen.

Interesse hat Peking auch am Energiesektor in Griechenland. An Windparks und Solarfeldern sind chinesische Firmen bereits beteiligt. Mitsotakis war erst in der vergangenen Woche mit einer großen Unternehmerdelegation in Shanghai, wo Griechenland Gastland der diesjährigen internationalen Wirtschaftsmesse war.

2013 schuf Athen das "Goldene Visum", wer für 250 000 Euro eine Immobilie in Griechenland erwirbt, bekommt fünf Jahre Aufenthaltsrecht - im Schengen-Raum. Über 5000 Chinesen hätten davon bereits profitiert, schrieb China Daily jetzt. EU-Kritik an diesem Programm hatte Athen jüngst mit dem Hinweis zurückgewiesen, Griechenland brauche schließlich Geld, um seine Kredite zu bedienen.

Zum Abschluss seines Besuchs ließ sich Xi am Dienstag das Akropolismuseum zeigen. Dort sind auch Kopien jener Teile des Parthenonfrieses ausgestellt, deren Originale sich in London befinden. Griechenland verlangt seit Langem ihre Rückkehr und bekam dafür nun Unterstützung von Xi, der ebenfalls die Rückführung chinesischer Kunstwerke aus Europa nach China forderte.

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SZ vom 13.11.2019
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