Süddeutsche Zeitung

Gremium stimmt für Ausschluss:Berlusconis Rauswurf rückt näher

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Es wird eng für Silvio Berlusconi. Abermals stimmt ein Teil des italienischen Senats für den Ausschluss des ehemaligen Premierministers aus der Parlamentskammer. Demnächst wird das Plenum endgültig über Berlusconis politische Zukunft entscheiden.

Von Andrea Bachstein, Rom

Silvio Berlusconi soll aus dem italienischen Senat ausgeschlossen werden. Das hat am Freitag der Wahlausschuss des Senats entschieden, wie der Vorsitzende Dario Stefano am späten Nachmittag bekanntgab. Nun muss das Plenum der Parlamentskammer innerhalb der nächsten 20 Tage endgültig darüber abstimmen, ob Berlusconi sein Mandat verliert.

Er selbst ist, wie angekündigt, nicht vor dem Gremium in Rom erschienen. Er schickte auch keinen seiner Anwälte. Dies galt als Zeichen dafür, dass sie ihre Sache dort als verloren ansahen. Der Wahlausschuss hat dem Anführer der italienischen Rechten damit den zweiten schweren Schlag in dieser Woche zugefügt. Berlusconi war am Mittwoch bereits damit gescheitert, die Koalitionsregierung des sozialdemokratischen Premiers Enrico Letta bei einer Vertrauensabstimmung zu stürzen.

In Rom war erwartet worden, dass 15 der 23 Senatoren des Wahlausschusses dafür stimmen würden, dass Berlusconi wegen seiner endgültigen Verurteilung wegen Steuerbetrugs im Mediaset-Fall seinen Senatssitz aufgeben muss. Vor der Sitzung hatte der sozialdemokratische Senator Giorgio Pagliari gesagt, es gehe an diesem Tag darum, das Gesetz anzuwenden: "Wir haben 20 Jahre hinter uns, in denen das nicht so war."

Eine Stunde lang tagten die Ausschussmitglieder im Koch-Saal des Palazzo Madama öffentlich. Dann zogen sie sich zu Beratungen zurück, um die der PDL-Fraktionschef im Senat, Renato Schiffani, gebeten hatte. Der Ausschuss sei ungesetzlich, argumentierte er, weil ein Senator der Bewegung 5 Stelle aus der Sitzung Twitter-Mitteilungen gesendet habe.

Grundlage des Verfahrens ist das italienische Anti-Korruptionsgesetz. Danach muss jeder sein Amt aufgeben, der zu mehr als zwei Jahren Haft verurteilt ist. Berlusconis Urteil im Mediaset-Prozess lautet auf vier Jahre Haft, die aber durch ein Amnestiegesetz auf ein Jahr ermäßigt sind. Schwerer wiegt die Bestimmung, die zusätzlich ein sechs Jahre währendes Verbot vorsieht, für ein öffentliches Amt zu kandidieren. Für den 77-jährigen Berlusconi wäre dies das politische Ende.

Die Senatoren seiner Partei PDL, die sich unter chaotischen Umständen fast gespalten hat bei Berlusconis Versuch, die Regierung zu stürzen, präsentierten sich am Freitag geschlossen als Verteidiger des PDL-Gründers. Senator Carlo Giovanardi, der vor der Vertrauensabstimmung am Mittwoch gegen Berlusconi rebelliert hatte, sprach sich vor der Sitzung des Wahlausschusses gegen das drohende Amtsverbot aus.

Er erinnerte daran, dass am 19. Oktober in Mailand ein Gericht darüber verhandeln wird, wie lange Berlusconi keine öffentlichen Ämter auszuüben darf. Es handelt sich dabei um einen Teil des Urteils wegen Steuerbetrugs, der nochmals entschieden werden muss und unabhängig vom Korruptionsgesetz angewendet wird. Von den Mailänder Richtern ist eine Verbotsdauer von ein bis drei Jahren zu erwarten. Es sei den Bürgern nicht zu erklären, so Giovanardi, wieso der Senat dann sogar sechs Jahre beschließen könnte.

Die PDL-Politiker bekämpft das Ausschlussverfahren mit denselben Argumenten, wie sie Berlusconi in einer schriftlichen Verteidigung verwendet: Das Verfahren sei politisch motiviert, und das Gremium habe bereits vorab ein Urteil über Berlusconi gefällt. Vor allem aber attackieren sie das Anti-Korruptionsgesetz. Es müsse vom Verfassungsgericht geprüft werden. Es verstoße gegen die Grundrechte, das Gesetz auf eine Tat anzuwenden, die vor Bestehen des Gesetzes begangen worden sei.

In Presseerklärungen wiederholten Berlusconis Anwälte am Freitag, dass sie darin auch einen Verstoß gegen die europäische Menschenrechtskonvention sähen. Im Falle Berlusconis reichen die Steuervergehen im Fernsehrechtehandel bis in die Neunzigerjahre zurück. Es geht um Schwarzgeldfonds in Höhe von 280 Millionen Euro.

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SZ vom 05.10.2013
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