Regierungskrise in Italien:Letta gewinnt Vertrauensabstimmung auch im Abgeordnetenhaus

Italiens Ministerpräsident Letta kann seine Regierungsarbeit fortsetzen: Bei dem Votum spricht ihm nach dem Senat auch das Abgeordnetenhaus mit großer Mehrheit das Vertrauen aus. Zuvor hatte Ex-Premier Berlusconi im letzten Moment Letta seine Unterstützung zugesagt.

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Es hätte der letzte Tag der Regierung von Enrico Letta sein können: Seine Koalition aus Sozialdemokraten und der Berlusconi-Partei PDL (Popolo della Libertà) war am Sonntag zusammengebrochen, nachdem Berlusconi die fünf Minister seiner Partei aus dem Kabinett abgezogen hatte. Letta hat eine Vertrauensabstimmung angesetzt, er will Neuwahlen verhindern. Jetzt sieht es so aus, als ob ihm das gelungen sein könnte.

  • Erfolg für Letta: Italiens Regierungschef gewinnt die Vertrauensabstimmung im Senat. Bei dem Votum stellte sich eine klare Mehrheit hinter ihn: 235 Senatoren sprachen ihm das Vertrauen aus, 70 stimmten gegen ihn. Am Abend stimmten auch die meisten im Abgeordnetenhaus, in dem die Sozialdemokraten ohnehin eine Mehrheit haben, für ihn.
  • Kehrtwende von Berlusconi: Italiens Ex-Premier wollte die Regierung seines Nachfolgers Enrico Letta zu Fall bringen - nun stützt er sie doch. Der "Cavaliere" spricht dem Regierungschef das Vertrauen aus, nachdem etliche Abgeordnete aus Berlusconis Lager von der Linie des Anführers abgewichen sind. Damit hat Lettas Koalition Bestand. Bereits am Vormittag hatte sich Berlusconis Volte angedeutet. Er sagte vor Lettas Auftritt im Senat, er wolle dem Premier erst zuhören und dann entscheiden.
  • Woher die Mehrheit für Letta kommt: Im Vorfeld der Abstimmung kursierte eine Liste, auf der die Namen der PDL-Senatoren verzeichnet sind, die für die Regierung unter Letta stimmen wollten. Der PDL-Politiker Roberto Formigoni kündigte zudem die Formierung einer neuen politischen Gruppierung an. Die Abweichler wollen demnach nicht nur Letta stützen, sondern ein neues "unabhängige, konservative Alternative" bilden, so Formigoni. Damit wäre das Berlusconi-Bündnis gespalten gewesen.
  • Ministerpräsident lehnt Rücktritte ab: Letta hatte zuvor den Rücktritt der fünf PDL-Minister nicht angenommen - ein Signal, dass er das Auseinanderbrechen der Regierung unbedingt verhindern wollte.
  • Zweite Abstimmung im Abgeordnetenhaus: Nachdem Letta vom Senat das Vertrauen bekommen hat, muss er sich dem Votum der Abgeordneten noch ein zweites Mal stellen. Dieses Mal im Abgeordnetenhaus, dort ist die Abstimmung für den späten Nahcmittag angesetzt. Allerdings gilt eine Zustimmung für Letta als sicher, weil in dieser Kammer die Sozialdemokraten über die Mehrheit verfügen. Davor gibt es noch einmal eine Debatte - und viele, viele Reden. Auch Letta ergreift noch einmal das Wort. Er zählt die bisherigen Erfolge seiner Regierung auf und kündigt weitere Schritte an: Er will mehr für die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit tun, die Schulden reduzieren und das von vielen Kritikern als ungerecht und zu kompliziert empfundene Wahlrecht ändern.
  • Letta wünscht sich stabile Verhältnisse: Berlusconi greift der Premier nicht direkt an, eine Anspielung leistet sich Letta aber doch: Politische und juristische Angelegenheiten sollen nicht vermischt werden, sagt er mit Blick auf Berlusconi, der wegen Korruption rechtskräftig verurteilt ist. Dafür erhält Letta großen Jubel bei den Abgeordneten. Mehr Stabilität für Italien, das ist das Leitmotiv von Lettas Rede. Er illustriert das mit einem Vergleich zu Deutschland: In der Zeit von 14 wechselnden italienischen Regierungen habe es gerade einmal drei deutsche Kanzler gegeben.
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