Süddeutsche Zeitung

Genfer Ukraine-Plan:Entscheidend sind die nächsten 48 Stunden

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Die Einigung von Genf ist ein Erfolg - auf dem Papier. Nur, wer setzt die Beschlüsse um? Um die Unruhen zu beenden, müssen den Worten der Diplomaten nun sichtbare Taten folgen. Doch Russland hat kein großes Interesse an einer stabilen Ukraine.

Ein Kommentar von Julian Hans

Dass sich die vier Gesprächsparteien in Genf überhaupt auf ein gemeinsames Papier verständigt haben, ist mehr, als viele erwartet hatten. Bis zum Vorabend des Treffens von Vertretern der USA, Russlands, der Europäischen Union und der ukrainischen Übergangsregierung am Donnerstag hatte der russische Außenminister Sergej Lawrow damit gedroht, die Konferenz platzen zu lassen, weil Kiew versuchte, die Unruhen im Osten mit Einsatz des Militärs in den Griff zu bekommen, die von pro-russischen und von russischen Kräften geschürt wurden.

Herausgekommen ist ein Plan, der viele vernünftige Schritte zur Deeskalation enthält: Illegale sollen ihre Waffen abgeben und besetze Gebäude, Straßen und Plätze räumen. Die OSZE-Mission soll ausgeweitet werden. Das ist die positive Seite.

Der große Mangel an dem Plan ist, dass er keine Verantwortlichen benennt. Alles andere hätte Moskau nicht mitgetragen. Wer soll dafür sorgen, dass die Aufständischen ihre Waffen abgeben? Wer muss Konsequenzen fürchten, wenn sie es nicht tun?

Wladimir Putin und sein Außenminister betonen bei jeder Gelegenheit, dass Russland nichts mit den schwer bewaffneten und gut trainierten "grünen Männern" zu tun habe, die zusammen mit organisierten Schlägerbanden und unzufriedenen Bewohnern die Städte im Osten aufmischen. So wie sie vor sechs Wochen eine Kontrolle der Krim durch russische Soldaten als "kompletten Blödsinn" bestritten haben, die Putin in seiner TV-Fragestunde am Donnerstag nachträglich einräumte.

Ob die Erklärung von Genf wirklich zur Deeskalation beiträgt, hängt davon ab, was in den nächsten 48 Stunden passiert. Den Worten der Diplomaten müssen sichtbare Handlungen vor Ort folgen. Entscheidend dafür sind der Wille Moskaus und die Stärke der Übergangsregierung in Kiew.

Leider haben die vergangenen Wochen gezeigt, dass von allen Beteiligten, die in Genf am Tisch saßen, der Wille zu einer stabilen und souveränen Ukraine in Moskau am geringsten ist. Und dass Kiew allein die Kraft fehlt.

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