Süddeutsche Zeitung

Bericht von Amnesty International:Mehr Gewalt gegen Frauen in der Pandemie

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Die Angriffe hätten weltweit zugenommen, stellt die Menschenrechtsorganisation fest. Gleichzeitig seien viele Hilfsangebote eingeschränkt worden.

Von Nina von Hardenberg, München

Bleibt zu Hause, lautete das Mantra der Politiker zu Anfang der Pandemie. Für manche Frau aber lauerte genau dort die Gefahr. Zwanzig Prozent mehr Anrufe hat das bundesweite Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" zur Zeit des ersten Lockdowns im April 2020 erhalten, auch danach blieben die Zahlen auf dem höheren Niveau. Das geht aus vorläufigen Daten des Bundesfamilienministeriums hervor, auf die Amnesty International in seinem aktuellen Jahresreport zur weltweiten Lage der Menschenrechte verweist.

In Deutschland zeigt sich da ein Trend, der nach dem Bericht der Menschenrechtsorganisation weltweit sichtbar wurde: Häusliche und sexualisierte Gewalt, Frauenmorde aus Gründen der "Ehre" oder Kastenzugehörigkeit sowie andere Formen geschlechtsspezifischer Gewalt seien weltweit in erschreckendem Ausmaß verbreitet, beklagt Amnesty in dem Bericht.

Ausgangsbeschränkungen zur Eindämmung der Pandemie hätten die Lage verschärft. Weltweit hätten Hilfsorganisationen einen Anstieg geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt verzeichnet. "Viele Frauen mussten während des Lockdowns mit Menschen unter einem Dach leben, die sie misshandelten", heißt es in dem Bericht. Gleichzeitig sei der Hilfebedarf für diese Bevölkerungsgruppe in der Pandemie vielerorts nicht wichtig genommen worden. Anlaufstellen für Opfer mussten schließen, Schutz- und Hilfsangebote waren nicht mehr verfügbar.

Frauen in Mexiko waren besonders betroffen

Dem Bericht zufolge häuften sich auch auf dem gesamten amerikanischen Kontinent Fälle von häuslicher Gewalt, Vergewaltigungen, Tötungsdelikte und Femizide. Eines der am stärksten betroffenen Länder war demnach Mexiko. Im Jahr 2020 wurden dort 3752 Tötungen von Frauen gemeldet.

Untermauert werde sexualisierte Gewalt in vielen Ländern der Welt von einer tief verwurzelten rechtlichen und alltäglichen Diskriminierung, die auch in anderer Weise zum Ausdruck kam: In mindestens 24 der 149 im Jahresbericht erfassten Länder dokumentierte Amnesty International glaubwürdige Vorwürfe, dass Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität festgenommen wurden - ein Anstieg von 16 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Das Bundesfamilienministerium verwies auf die Initiative "Stärker als Gewalt" und die in der Pandemie gestartete Aktion "Zuhause nicht sicher?". Bundesweit seien in Tausenden Supermärkten Plakate im Kassenbereich, an den Ein- und Ausgängen und an den Schwarzen Brettern aufgehängt worden, die über die Initiative und Hilfsangebote informieren.

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