Süddeutsche Zeitung

Umbenennung der UMP:Sarkozys neue Verpackung

Lesezeit: 3 min

Von Christian Wernicke, Paris

Diesem Anfang, so hat es sich Nicolas Sarkozy gewünscht, soll ein Zauber innewohnen. Weshalb er, wo immer Frankreichs Ex-Präsident dieser Tage auftauchte, seine Anhänger aufrief, sich aufzumachen nach Paris. "Kommt zahlreich, kommt begeistert", beschwor Sarkozy die Seinen, "am 30. Mai brauche ich euch. Damit wir allen, die nicht mehr die Werte unserer Republik verteidigen, beweisen, dass wir Republikaner da sind. Und dass wir stark sind!" Den Jubel, der jedes Mal über ihn hereinbrach, habe Sarkozy "zutiefst genossen", sagt einer seiner Mitarbeiter: "Jedes Mal wirkte der Chef wie neu geboren."

So weit geht der Zauber dann doch nicht. Sarkozy bleibt schließlich Sarkozy, auch in dem zweiten politischen Leben, das Frankreichs früheres Staatsoberhaupt mit seiner Rückkehr in die Politik vor sechs Monaten einläutete. Aber in seiner Partei will er alles neu machen: 15 000, vielleicht sogar 20 000 konservative Parteigänger werden seinem Ruf an diesem Samstag folgen und ins Paris Event Center im Norden der Hauptstadt strömen, um dort einen Neuanfang zu erleben. Frankreichs bürgerliche Rechte, die "Union für eine Volksbewegung" (UMP), gibt sich neue Statuten, ein neues 120-köpfiges Führungsgremium, das sogenannte Politbüro - und einen neuen Namen: Sie wird zu "Les Républicains" mutieren. Keine wirkliche Neugeburt also, nur eine Umtaufe. Aber es ist ein Moment, der Frankreichs Gaullisten, Konservativen und Rechtsliberalen neue Hoffnung einhaucht.

Ein Gericht entschied: Die Partei darf ihren Namen frei wählen

Ihre erste Schlacht haben die "Republikaner" bereits gewonnen. Am Dienstag wies ein Pariser Gericht die Sammelklage mehrerer meist linker Organisationen sowie von 143 Bürgern zurück, die den neuen Namen der Partei als Anmaßung und obendrein als Verzerrung im politischen Wettbewerb deuteten. Im Internet hatten zuvor über 20 000 Franzosen einen Aufruf ("Wir sind die Republikaner!") unterstützt, der Sarkozy und seinen Strategen auch verbieten wollte, ihr neues Parteilogo patentrechtlich schützen zu lassen. Die Richter sprachen jedoch der alten UMP das Recht zu, ihren neuen Namen frei zu wählen.

Die letzte Hürde sollen "Les Républicains" nun im Sturm nehmen. Am Donnerstag und Freitag sind die 213 000 UMP-Mitglieder aufgerufen, per Urabstimmung übers Internet dem neuen Namen zuzustimmen. Die Befragung ist - nur ein halbes Jahr nach der Wahl Sarkozys zum Parteichef - für den ehemaligen Präsidenten ein wichtiges Vertrauensvotum. Im November hatten 64,5 Prozent seiner Parteifreunde ihn zurückgerufen. Diese Zahl definiert das Minimum für ihn, heimlich hofft Sarkozy aber auf deutlich mehr. Schließlich will er eine geeinte Partei präsentieren. Und sich selbst beweisen, dass es - nach Jahren voller Krisen und Skandale - wieder aufwärts geht mit Frankreichs bürgerlicher Opposition.

Und doch wird das Erbe der UMP auch die Republikaner belasten. Frankreichs Rechte ist hoch verschuldet (69,3 Millionen Euro). Zudem lauern Gerichtsverfahren, weil die Partei illegal einen Großteil der Kosten von Sarkozys Präsidentschaftskampagne im Jahr 2012 über UMP-Konten abrechnete. Hinzu kommt eine ganze Serie potenzieller Skandale, über die der Parteivorsitzende selbst stolpern könnte: Parteispenden, Einflussnahme auf die Justiz, Korruption lauten die Verdachtsmomente.

Zur Bescheidenheit gezwungen

Die Sünden der Vergangenheit zwingen die Republikaner, vorerst bescheiden zu feiern: Anreise und Verpflegung am Samstag berappen die Anhänger aus eigener Tasche. Dabei wird die Hälfte der Teilnehmer ihren Gründungskongress nur per Videoleinwand in einem Nebenzelt erleben können, weil der Schatzmeister den Etat für Saalmiete und Nebenkosten auf 550 000 Euro deckelte. Zum Vergleich: Als Sarkozy vor elf Jahren zum UMP-Vorsitzenden aufstieg, hatte sich die Partei diese Kür noch über sechs Millionen Euro kosten lassen.

Sarkozy will seine Republikaner "von Grund auf erneuern". In mehreren Parteikonventen sollen die Republikaner sich bis zum Sommer nächsten Jahres ein neues Programm erarbeiten. Das soll, so hofft der Parteichef, als "gemeinsamer Sockel" dienen für die personellen Zerreißproben, die dann unweigerlich drohen: Im November 2016 nämlich werden die Republikaner per Urwahl bestimmen, wer sie im Frühjahr 2017 als Spitzenkandidat in die Präsidentschaftswahl führt.

Im Rennen um dieses Spitzenamt hat Sarkozy als Parteivorsitzender taktische Vorteile. Ihm untersteht der Apparat, er kann Textentwürfe wie Terminpläne kontrollieren. Vorsorglich haben Sarkozys Konkurrenten um die Präsidentschaftskandidatur bereits wissen lassen, das neue Parteiprogramm könne für sie "nicht bindend" sein.

Konkurrenz erwächst Sarkozy in der eigenen Partei

Der Politologe Remi Lefebvre prophezeite neulich in Le Monde sogar, Sarkozys Mitstreiter könnten 2016 einen Vorteil haben: Während Sarkozy als Parteichef das Parteiprogramm verteidigen müsse, könnten seine Widersacher - der liberalere Alain Juppé oder der konservative Bruno Le Maire - mit Provokationen viel Aufmerksamkeit ergattern. Auf diese Weise war es vor vier Jahren auch einem gewissen François Hollande gelungen, bei den Vorwahlen der Sozialisten seine interne Gegenspielerin Martine Aubry zu schlagen.

Eine Umfrage vom vorigen Wochenende unter Anhängern von Frankreichs Zentristen und Konservativen sieht Alain Juppé inzwischen klar vor Sarkozy (55 zu 45 Prozent). Die künftigen Republikaner halten - streng unter sich - derweil weiter ihrem Ex-Präsidenten die Treue (58 zu 42 Prozent). Sarkozy kennt diese Zahlen. Aber darüber wird er nicht sprechen, wenn er am Samstag das Privileg auskostet, den ersten Kongress seiner umgetauften Partei mit einer Grundsatzrede zu beenden. Das Ziel bleibt auch unter dem neuem Namen: der Élysée-Palast.

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SZ vom 27.05.2015
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