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Frankreich:Macron macht Bildungsminister Attal zum Premierminister

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Der 34-Jährige wird Nachfolger der glücklosen Élisabeth Borne. Es ist Macrons Versuch, seiner bisher wenig glanzvollen zweiten Amtszeit zu einem Aufbruch zu verhelfen.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat Bildungsminister Gabriel Attal für den Posten des Premierministers ausgewählt. Wie der Élysée-Palast mitteilte, folgt der 34-Jährige der am Montag zurückgetretenen Regierungschefin Elisabeth Borne nach.

Attal ist ein ehemaliger Sozialist und politischer Senkrechtstarter, der den Französinnen und Franzosen als Regierungssprecher bekannt war. Nun wird er mit 34 Jahren der jüngste Premierminister in der jüngeren französischen Geschichte. Zuletzt fiel er mit Vorstößen auf, die im rechten Lager auf Zustimmung stoßen, etwa mit der Verbannung der Abaya, einem Schleiergewand für Musliminnen, aus den Schulen. In kurzer Zeit ist Attal in den Umfragen der vergangenen Monate zu einem der beliebtesten Politiker im Land aufgestiegen.

Emmanuel Macron unter Druck

Die Entlassung von Borne, die als wenig charismatisch und eher technokratisch galt, kam nicht überraschend. Schon seit Wochen gab es in der Pariser Polit-Blase Gerüchte darüber und es wurde über potenzielle Nachfolger spekuliert. Macron ist unter Druck - und sucht nach dem Befreiungsschlag. Seine zweite Amtszeit verlief bisher wenig glanzvoll. In der Nationalversammlung hat seine zentristische Bewegung keine eigene Mehrheit - stets ist sie auf Stimmen aus der Opposition angewiesen. Das macht das Regieren kompliziert.

Schon die heftig umstrittene Rentenreform im vergangenen Jahr drückte Macron letztlich nur ohne Endabstimmung in der Nationalversammlung durch, indem die Regierung sich eines umstrittenen Notparagrafen in der Verfassung bediente. Zuletzt gab es Schwierigkeiten mit dem neuen, scharfen Immigrationsgesetz, das kurz vor Weihnachten mithilfe der extremen Rechten im Parlament beschlossen wurde und einen großen Teil der eigenen Anhänger verprellte. Auch Borne trug es nur notgedrungen mit.

Der Premierminister in Frankreich hat bei Weitem nicht die Stellung, die einem Regierungschef in parlamentarischen Systemen zukommt, etwa der italienischen Ministerpräsidentin, dem britischen Prime Minister oder dem deutschen Bundeskanzler. Über eine Richtlinienkompetenz wie Olaf Scholz, mit deren Hilfe sich die großen Linien der Regierungspolitik bestimmen lassen, verfügt der französische Premier nicht.

Die Exekutive ist in Frankreich laut der Verfassung zwischen Präsident und Premier aufgeteilt, in der Verfassungswirklichkeit nimmt der Präsident jedoch eine sehr starke Stellung ein, auch weil ihm bestimmte Politikbereiche, etwa die Außenpolitik, allein vorbehalten sind. So ist der Premier meist von der Gunst des Präsidenten abhängig, dieser hat gemäß der Verfassung das Recht, den Premier zu entlassen oder zu ernennen. Eine Einschränkung gibt es jedoch für Macron: Er muss einen Premier ernennen, der zumindest die Chance hat, über ausreichend Rückhalt in der Nationalversammlung zu verfügen. Denn das Parlament kann dem Premier und seiner Regierung das Misstrauen aussprechen und so ihren Rücktritt erzwingen.

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