Süddeutsche Zeitung

Finanzministertreffen:Strafzölle spalten die G 7: "Das ist kein guter Tag"

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Die Strafzölle von US-Präsident Donald Trump gegen enge Verbündete haben das G-7-Bündnis der wichtigsten westlichen Industriestaaten in eine tiefe Krise gestürzt. Beim Treffen der G-7-Finanzminister kam es im kanadischen Whistler zu einer "offenen und ehrlichen" Aussprache zwischen dem deutschen Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) und US-Finanzminister Steven Mnuchin. Scholz habe deutlich gemacht, dass es um die Souveränität Europas und um eine Frage des Respekts gehe, hieß es nach der 40-minütigen Unterredung aus Regierungskreisen.

Beide hätten die Sorge vor einer weiteren Eskalation geteilt. "Die Europäische Union wird jetzt stark reagieren und auch klug", sagte Scholz in Kanada. Die Entscheidung, Schutzzölle auf Stahl- und Aluminiumprodukte aus der EU und Kanada zu verhängen, überschattet das G-7-Treffen im Wintersportort Whistler bei Vancouver massiv.

"Das ist kein guter Tag für die transatlantischen Beziehungen", betonte Scholz. Die EU-Vergeltungszölle sollen nach einer bei der WTO eingereichten Liste auf US-Produkte wie Whiskey, Erdnussbutter, Motorräder, Jeans oder Tabakprodukte erhoben werden. Auch amerikanische Stahlerzeugnisse, Schiffe und Boote wären betroffen. Der Zusatzzollsatz würde 25 Prozent betragen. Die EU-Kommission will zudem Klage bei der Welthandelsorganisation WTO einreichen.

Kanadas Finanzminister Bill Morneau sagte, es sei absurd, dass zum Beispiel kanadische Stahlprodukte als ein Risiko für die Sicherheit der Vereinigten Staaten dargestellt würden - denn argumentiert wird mit Blick auf Zusatzzölle für Stahl- und Aluminiumprodukte aus dem Ausland, diese könnten Arbeitsplätze in den USA gefährden. Auch Scholz nannte den Hinweis darauf, dass es sich hier um eine Frage der nationalen Sicherheit handele, "ziemlich fadenscheinig".

Sechs G-7-Partner sind sich einig. Einer nicht

Die US-Entscheidung soll dazu führen, dass mehr heimischer Stahl verkauft wird und damit Jobs in den USA gesichert werden können. Die Maßnahme, die sich auch gegen Mexiko richtet, belastet massiv die Neuverhandlung des Freihandelsabkommens Nafta zwischen den USA und seinen beiden Nachbarländern Kanada und Mexiko. Bei der Präsidentschaftswahl im Juli in Mexiko könnte Linkspopulist Andrés Manuel López Obrador gewinnen und eine Nafta-Reform für Trump noch mehr erschweren. Nach China und der EU droht hier ein dritter Handelskonflikt, auch in den USA wachsen langsam die Sorgen.

Mit der Entscheidung von US-Präsident Trump stehen in der G-7-Gruppe der sieben wichtigsten westlichen Industrienationen nun sechs Staaten gegen einen - die anderen Mitglieder Deutschland, Japan, Italien, Frankreich, Großbritannien und Kanada bekennen sich zum freien und fairen Handel ohne Strafzölle zwischen den Partnern. Sie verurteilen jede Form von Protektionismus und Abschottung, da Handelskonflikte am Ende nur viele Arbeitsplätze kosten würden.

Es wurde erwartet, dass Scholz sich auch mit wichtigen Partnern wie Frankreichs Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire eng abstimmt. Unklar war zunächst, ob beim G-7-Treffen wegen der Marktturbulenzen im Zuge der politischen Krise in Italien und der bevorstehenden Vereidigung einer europakritischen Regierung über etwaige Notfallpläne diskutiert werden könnte. Die Bundesregierung ist spürbar bemüht, allen Anschein von Nervosität zu vermeiden.

Mit Blick auf den von den USA ausgelösten Handelskonflikt betonte Scholz, die EU-Kommission habe Reaktionen auf das falsche und rechtswidrige Vorgehen der US-Seite vorbereitet, "die allerdings entsprechend der internationalen Regeln ins Werk gesetzt werden und mit den notwendigen Fristen". Demnach könnten noch im Juni die zusätzlichen Zölle der EU auf US-Produkte kommen.

Scholz verteidigt das Iran-Abkommen

Zur Sprache kam zwischen Scholz und Mnuchin in Whistler auch die Kritik am US-Ausstieg aus dem Iran-Abkommen. "Wir glauben, dass es ein Abkommen ist, das wichtig ist für eine friedliche Entwicklung in der Region", sagte Scholz im Vorfeld.

Die USA sind dabei, Sanktionen gegen Iran wiedereinzuführen. Damit werden europäische Unternehmen vor die Wahl gestellt, ob sie mit Iran oder mit den USA Geschäfte machen wollen - denn das US-Sanktionsrecht kann in den USA aktive europäische Unternehmen bestrafen, wenn sie in Iran Geschäfte machen. Gleiches gilt für Banken, die Investitionen in Iran absichern. Die schwierige Lage in Whistler könnte ein Vorbote für den Gipfel der G-7-Staats- und Regierungschefs in einer Woche in Kanada sein. Trotz allen Unmuts wurde aber betont, von einer "Eiszeit" sei man weit entfernt.

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