Süddeutsche Zeitung

FDP: Machtkampf offenbar entschieden:Rösler soll doch Wirtschaftsminister werden

Lesezeit: 2 min

Die Angst vor Kampfkandidaturen beim Parteitag treibt Philipp Rösler um. Mit Personalrochaden will der designierte FDP-Chef jetzt für Ruhe in der Partei sorgen. Er selbst könnte endlich Wirtschaftsminister werden. Dafür soll der bisherige Ressortchef Rainer Brüderle sich zum Nachfolger der Fraktionsvorsitzenden Birgit Homburger wählen lassen - die will dafür aber entschädigt werden.

Peter Blechschmidt, Berlin

Neuer Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion soll nach dem Willen des designierten Parteivorsitzenden Philipp Rösler der bisherige Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle werden. Nach Informationen aus der Parteiführung vom Montagabend hat sich Brüderle nach langen Gesprächen zur Kandidatur bereiterklärt. Einzige Bedingung dafür sei, dass die bisherige Vorsitzende Birgit Homburger nicht wieder antrete. An Stelle Brüderles könnte dann Rösler Wirtschaftsminister werden.

Aus der Umgebung Homburgers hieß es am Montagabend allerdings, es sei noch nichts entschieden. Die bisherige Fraktionsvorsitzende verlangt für ihren Verzicht auf eine neue Kandidatur offenbar eine Kompensation. Bei einem Wechsel an die Fraktionsspitze würde Brüderle darauf verzichten, auf dem Bundesparteitag in Rostock am Freitag wieder als stellvertretender Parteivorsitzender zu kandidieren. Der Fraktionschef gehört dem Parteipräsidium qua Amt an. Damit würden Kampfkandidaturen um einen der drei Stellvertreterposten vermieden.

Darauf hat Rösler großen Wert gelegt. Er ist bestrebt, dass von dem Parteitag ein Signal der Geschlossenheit und des personellen Neuanfangs ausgeht. Deshalb hatte Rösler auch darauf gedrungen, dass noch vor dem Parteitag in einer Sitzung der Fraktion an diesem Dienstagnachmittag über die neue Zusammensetzung der Fraktionsführung entschieden werden soll.

Brüderle würde auch für Rösler den Weg ins Wirtschaftsministerium frei machen. Der 38-jährige bisherige Gesundheitsminister war vor einem Monat zum Nachfolger des bisherigen Parteichefs und Außenministers Guido Westerwelle gekürt worden. Schon bei der Ankündigung seiner Kandidatur für den Parteivorsitz hatte es geheißen, Rösler, der auch Vizekanzler werden soll, wolle das für bedeutender gehaltene Wirtschaftsministerium übernehmen. Dem hatte sich Brüderle aber nachhaltig widersetzt. Für Rösler könnte dessen bisheriger Parlamentarischer Staatssekretär Daniel Bahr an die Spitze des Gesundheitsministeriums rücken.

Ursprünglich war schon für den Montagmittag eine Klärung des Machtkampfes um den Fraktionsvorsitz erwartet worden. Eine zunächst verschobene Pressekonferenz Homburgers wurde am Nachmittag abgesagt. Der Terminabsage waren hektische Gespräche auf der Führungsebene vorangegangen. Während die Fraktionsmitglieder auf ihrer seit langem geplanten Frühjahrsklausur über die Zukunft der Bundeswehr und über die Energiewende diskutierten, reihte sich am Rande der Sitzung ein Krisentreffen an das andere. Erst am Abend hieß es dann, dass sich Rösler mit seinem Personaltableau durchgesetzt habe. Bei den Gesprächen hatten Röslers Vertraute betont, dass der designierte Parteichef schon bei seinem Amtsantritt beschädigt wäre, wenn er mit seinen Vorstellungen nicht durchkommen sollte.

Die 46-jährige Homburger führt die 93-köpfige Fraktion seit Oktober 2009. Sie steht seit längerem unter heftiger Kritik aus Teilen der Fraktion, die ihr eine Mitschuld an den jüngsten Wahlniederlagen der FDP geben. Auch Rösler war der Meinung, dass der von ihm angestrebte Neuanfang mit Homburger nicht möglich sei. In dieser Einschätzung wurde er durch das schlechte Abschneiden Homburgers bei ihrer Wiederwahl als baden-württembergische Landeschefin am vorigen Wochenende bestärkt.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1095250
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 10.05.2011
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.