Süddeutsche Zeitung

Favorit für griechische Neuwahl:Tsipras sucht Nähe zu Euro-Staaten

Lesezeit: 2 min

Von Cerstin Gammelin, Brüssel, und Claus Hulverscheidt, Berlin, Brüssel/Berlin

Die Euro-Länder wappnen sich für einen möglichen Machtwechsel in Griechenland. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung knüpfen vor allem Deutschland und Frankreich über die offiziellen Beziehungen zur griechischen Regierung hinaus auch Kontakte zum oppositionellen Linksbündnis Syriza. Gleiches gilt für die Europäische Zentralbank (EZB) und die Euro-Gruppe. Die Initiative soll von Syriza-Chef Alexis Tsipras ausgegangen sein. Ziel aller Beteiligten ist es dem Vernehmen nach, sich kennenzulernen und Anknüpfungspunkte für künftige Gespräche ausfindig zu machen.

Syriza liegt in den Umfragen knapp vor der konservativen Partei des noch amtierenden Ministerpräsidenten Antonis Samaras. Sollte es Tsipras tatsächlich schaffen, die Neuwahl am 25. Januar zu gewinnen und eine Regierungskoalition zu bilden, stehen Europa harte Diskussionen ins Haus.

Der Linken-Chef will das 240 Milliarden Euro schwere Hilfsprogramm für Griechenland neu verhandeln, einen Teil-Erlass der immensen Staatsschulden erzwingen und Reformen zurücknehmen, die aus seiner Sicht zu unzumutbaren sozialen Härten für die Bevölkerung geführt haben. Die Euro-Staaten, allen voran die Bundesrepublik, wollen Griechenland zwar in der Euro-Zone halten, lehnen die Syriza-Forderungen aber bisher kategorisch ab.

Wenige Kontakte nach Berlin, Paris und Brüssel

Das Linksbündnis verfügt in Berlin, Paris und Brüssel bisher nur über wenige Ansprechpartner. 2013 traf sich Tsipras immerhin mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), auch die EZB in Frankfurt besuchte er. Aus jener Zeit hat er einen Draht zum damaligen EZB-Direktoriumsmitglied und heutigen Berliner Staatssekretär Jörg Asmussen, über den jetzt seine informellen Kontakte zur Bundesregierung laufen. Asmussen hat für seine Gespräche mit Tsipras und dessen Wirtschaftsberatern keinen offiziellen Auftrag, Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) sind aber informiert und lassen ihn gewähren.

Auch in Brüssel wird der Spitzenbeamte aus dem Berliner Arbeitsministerium als "unser Kontaktmann" zu Syriza bezeichnet. Asmussen hatte 2010 noch als deutscher Finanzstaatssekretär die ersten Notkredite für Griechenland und später die Gründung der Euro-Rettungsfonds mitverhandelt. Außer ihm steht auch die deutsche Botschaft in Athen - und damit das Auswärtige Amt - in Kontakt zu Syriza. Ministerpräsident Samaras dürfte die Verbindungen seines Gegners Tsipras zu den Euro-Partnern mit einigem Ärger verfolgen.

Die Euro-Finanzminister treffen sich am 26. Januar, also am Tag nach der Wahl, turnusmäßig zu Beratungen in Brüssel. Parallel soll in kleiner Runde über den weiteren Umgang mit Griechenland verhandelt werden. Die Euro-Partner wollen verhindern, dass das derzeitige Hilfspaket wegen einer sich hinziehenden Regierungsbildung in Athen mehr oder weniger aus Versehen ausläuft. In einem solchen Fall, so die Sorge, könnte Griechenland auf den Kapitalmärkten nicht genügend Geld zur Bezahlung von Altschulden erhalten, zahlungsunfähig werden und die Euro-Zone in neue Turbulenzen stürzen.

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Quelle:
SZ vom 14.01.2015
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