Süddeutsche Zeitung

Fall Skripal:Herkunft des Gifts bleibt unklar

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Von Cathrin Kahlweit, London

Die britischen Wissenschaftler in Labor von Porton Down, die im Auftrag der Regierung den Kampfstoff analysieren sollten, mit dem der ehemalige Doppelagent Sergej Skripal und seine Tochter Julia angegriffen wurden, haben sich am Dienstag erstmals selbst zur Herkunft des Nervengifts geäußert. Sie hätten beweisen können, dass es sich um ein Nervengift aus der Gruppe Nowitschok handele, sagte Gary Aitkenhead, der Chefmanager des Labors für Verteidigungstechnik und Technologielabors (DSTL), dem Fernsehsender Sky. Es sei aber bisher unmöglich, die Herkunft des Kampfstoffes zu belegen.

Da es "komplexer Methoden" bedürfe, um diesen Stoff herzustellen, sei es wahrscheinlich, dass ein staatlicher Akteur dahinterstecke. Porton Down, das in der Nähe von Salisbury liegt, wo der Angriff auf den Russen und seine Tochter stattfand, könne aber nicht sagen, so Aitkenhead, ob der Stoff in Russland hergestellt worden sei. Man habe der britischen Regierung die Ergebnisse der wissenschaftlichen Analysen zur Verfügung gestellt, diese habe sie dann mit anderen, mutmaßlich von Geheimdiensten gewonnenen Erkenntnissen zusammengefügt. Aitkenhead bestritt entschieden, dass das Nervengift in dem Labor selbst entwickelt worden sei - oder von dort entwendet sein könnte.

Das Interview schlug nicht nur in Großbritannien Wellen, auch wenn der Laborchef im Grunde nur das bestätigte, was Premierministerin Theresa May mit Verweis auf Porton Down bisher bekannt gemacht hatte: Sie hatte immer wieder darauf verwiesen, dass die britische Regierung eine Reihe von Beweisen gesammelt habe, die darauf hinwiesen, dass "höchstwahrscheinlich" Russland für die Attacke verantwortlich sei. Das Ganze entspreche einem aggressiven Muster. Da Moskau jede Verantwortung bestreitet, steigt der Druck auf London, weitere Beweise offenzulegen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Gift aus russischen Labors gestohlen oder von anderer Seite hergestellt wurde. Der russische Präsident Wladimir Putin hofft auf mehr Klarheit im Fall Skripal durch die Sondersitzung der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW). "Ich hoffe, dass bei dieser Diskussion ein endgültiger Strich darunter gezogen wird", sagte er am Dienstag. An diesem Mittwoch steht eine Sondersitzung des OPCW-Exekutivrates an.

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SZ vom 04.04.2018
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