Süddeutsche Zeitung

EU-Kommission:Von der Leyens Mission ohne Wiederkehr

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Von Daniel Brössler, Berlin

Für den Fall, dass Ursula von der Leyen an diesem Dienstagabend vom EU-Parlament gewählt wird, ist die Sache einfach: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) muss dann zügig mit CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer die Nachfolge im Verteidigungsministerium regeln. Was aber, wenn von der Leyen durchfällt? Man werde sich "jetzt nicht mit den möglichen Was-wäre-wenn-Szenarien befassen", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag zunächst. Am Nachmittag sorgte von der Leyen selbst für Klarheit. Sie werde auf jeden Fall ihr Amt als Bundesverteidigungsministerin aufgeben, kündigte sie über Twitter an.

Sowohl in der Unionsfraktion als auch in der SPD-Fraktion galt es schon vorher als unwahrscheinlich, dass von der Leyen nach einer Niederlage in Straßburg einfach in ihr Büro im Bendlerblock, dem Sitz des Verteidigungsministeriums, zurückkehren kann. Tatsächlich hätte es wohl seltsam angemutet, nach einem Zwischenspiel als EU-Enthusiastin mit Team in Brüssel einfach so weiterzumachen wie vor der Blitzkandidatur. Sie wolle ihre "volle Kraft in den Dienst von Europa stellen", twitterte von der Leyen denn auch. Sie "empfinde tiefe Dankbarkeit für die Jahre mit der Bundeswehr". Für den Fall einer Niederlage am Dienstagabend bleibt in Brüssel ohnehin immer noch ein Job zu vergeben: der deutsche Sitz in der EU-Kommission.

Zumindest aus Sicht von Oppositionspolitikern wäre von der Leyen der Rückweg ohnehin versperrt gewesen. "Sie kann nicht Verteidigungsministerin bleiben. Entweder lässt man sich auf so etwas ein oder nicht. Wenn man so einen Schritt geht, muss es ein gewisses politisches Risiko schon geben", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, Jan Korte, der Süddeutschen Zeitung. Im Falle eines Scheiterns in der EU und einer Rückkehr nach Berlin hätte sich von der Leyen "heftigen Enthüllungen aus dem Untersuchungsausschuss zur Berateraffäre zu stellen" gehabt, betonte die Vize-Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Agnieszka Brugger. Eine Niederlage verlängere "ihre Liste an Fehlern und Niederlagen".

Auch die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann hielt eine Rückkehr von der Leyens für nicht vorstellbar. "Sie hat sich nachvollziehbar entschieden, noch eine Station in Europa einzulegen auf einem exzeptionellen Posten", sagte sie. Dahinter gebe es wegen des daraus resultierenden "inneren Abstands" zum jetzigen Amt "kein Zurück". Die Nachfolge müsse nun schnell geklärt werden. "Eine Hängepartie wie bei der Nachfolge im Bundesjustizministerium kann sich die Bundesregierung angesichts der Herausforderungen, vor denen die Bundeswehr aktuell steht, nicht erlauben", sagte sie. Theoretisch gibt es auch noch die Möglichkeit, dass die Abstimmung verschoben wird - aber auch für diesen Fall war klar, dass zügig eine Neubesetzung gebraucht wird. Nur wenn es um eine kurze Zeit gehe, sei das Brüsseler Bewerbungsverfahren mit dem Ministeramt vereinbar, hatte Kanzlerin Merkel schon vergangene Woche angedeutet. Im Verteidigungsministerium gebe "es reichlich zu tun", betonte der Linke Korte und verwies auf die Berateraffäre wie auch die explodierenden Kosten für das Segelschulschiff Gorch Fock.

In der Frage der Nachfolge von der Leyens hat die Bundeskanzlerin bislang in einer Hinsicht für Klarheit gesorgt. Von ihrem Ziel, dass möglichst gleich viele Männer und Frauen im Kabinett sitzen, will sie sich nicht weiter entfernen. Was Merkel hierzu gesagt habe, gelte weiterhin, stellte Seibert klar. Zurzeit sitzen im Kabinett sieben Frauen neun Männern gegenüber. Würde nun zum Beispiel Jens Spahn (CDU) ins Verteidigungsressort wechseln, müsste ihn also im Gesundheitsministerium eine Frau ersetzen, etwa Annette Widmann-Mauz (CDU), bisher Migrations-Staatsministerin.

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SZ vom 16.07.2019
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