Süddeutsche Zeitung

Europäische Union:Abkommen mit China zum Investitionsschutz steht kurz bevor

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Jahrelang gab es bei den Gesprächen kaum Fortschritte, nun macht Peking offenbar Zugeständnisse beim Streitpunkt Arbeitnehmerrechte. Das könnte auch mit dem künftigen US-Präsidenten zu tun haben.

Von Björn Finke, Brüssel

Nach dem historischen Handelsvertrag mit Großbritannien könnte die EU-Kommission direkt den nächsten wichtigen Vertrag vereinbaren: Die Gespräche mit China über ein Investitionsschutzabkommen stehen nach sieben Jahren offenbar kurz vor dem Abschluss. Am Montag informierte die Kommission die EU-Botschafter der 27 Mitgliedstaaten in Brüssel über Fortschritte bei den Verhandlungen, auch beim strittigen Thema der Arbeitnehmerrechte in China.

Die Botschafter hätten das begrüßt, sagte ein EU-Diplomat, und kein Staat habe ein Stoppsignal gegeben. Deswegen habe die Ratspräsidentschaft - bis Silvester ist das noch Deutschland - am Ende des Treffens festgehalten, dass "der Weg für die politische Unterstützung geebnet" sei.

Eine Sprecherin der EU-Kommission betonte allerdings, dass die Verhandlungen mit China noch nicht abgeschlossen seien. Vorgaben zu Arbeitnehmerrechten galten aber als letzter großer Streitpunkt. Die EU will den Vertrag, der einfacheren Marktzugang und mehr Sicherheit für Investoren bieten soll, nur unterzeichnen, wenn sich China zur Achtung grundlegender Rechte verpflichtet. So müssen unabhängige Gewerkschaften erlaubt sein, Zwangsarbeit dagegen soll verboten sein.

Eine Einigung könnte noch während der deutschen Ratspräsidentschaft kommen

Bernd Lange, der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europaparlament, sagte der Süddeutschen Zeitung, China habe sich hier "wohl stark bewegt". Das Thema ist den Parlamentariern wichtig: "Wenn das Europaparlament einen Vertrag zur Billigung vorgelegt bekommt, werden wir sehr genau schauen, ob China die Vorgaben einhält und wie sie kontrolliert werden", verspricht der SPD-Europaabgeordnete.

Zwangsarbeit ist ein heikler Streitpunkt, da Kritiker Peking vorwerfen, Uiguren - eine unterdrückte Minderheit - als Zwangsarbeiter einzusetzen. Als die EU-Botschafter den Stand der Verhandlungen vor anderthalb Wochen diskutierten, betonten deswegen manche Diplomaten, wie wichtig ihnen die Vorschriften zum Arbeitnehmerschutz seien.

"Offenbar will Peking schnell einen Abschluss"

Dass sich am Montag alle 27 Botschafter mit Pekings Zugeständnissen insgesamt zufrieden zeigten, ist daher ein bedeutender Schritt hin zum Vertragsabschluss. Das wäre auch ein Erfolg für die Bundesregierung. Es ist ihr erklärtes Ziel, die deutsche Ratspräsidentschaft, die im Juli begann, zu nutzen, um eine Einigung zu erreichen. Deswegen trieb Berlin die Verhandlungen voran.

Dabei hatten die Gespräche über Jahre kaum Fortschritte gemacht. Doch vor wenigen Wochen legte Peking überraschend ein deutlich besseres Angebot für den Marktzugang europäischer Firmen vor: Investitionsverbote in manchen Branchen oder die Pflicht, einen chinesischen Partner an Bord zu holen, sollen wegfallen.

"Offenbar will Peking schnell einen Abschluss, um zu verhindern, dass der neue US-Präsident Joe Biden mit der EU eine Allianz gegen China schmieden kann", vermutet der EU-Abgeordnete Lange. Kritiker befürchten denn auch, Biden könnte einen Abschluss kurz vor seinem Amtsantritt als unfreundlichen Akt der EU auslegen.

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