Süddeutsche Zeitung

Einsatz in Afghanistan:Nato wirft Bundeswehr Fehler vor

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Schwere Vorwürfe gegen die Bundeswehr: Einem geheimen Nato-Bericht zufolge hätte die irrtümliche Erschießung afghanischer Soldaten offenbar verhindert werden können.

Hat die Bundeswehr in Afghanistan bei einem Einsatz am 2. April eklatante Fehler begangen? Die Nato erhebt offenbar schwere Vorwürfe gegen die Deutschen: Die angeblich irrtümliche Erschießung von sechs afghanischen Soldaten durch Bundeswehrsoldaten nahe Kundus hätte einem Bericht des Spiegel zufolge verhindert werden können.

Zu diesem Ergebnis komme der geheime Untersuchungsbericht der NATO, berichtet das Magazin. Die Deutschen hätten taktische Informationen nicht ordnungsgemäß verarbeitet. Die afghanischen Soldaten, die dem Konvoi einer deutschen Infanteriekompanie mit einem Geländewagen vom Typ Humvee und einem Ford Ranger entgegenkamen, hätten sich ordnungsgemäß über ihren belgischen Ausbildungsoffizier beim Operationszentrum in Kundus angemeldet. Die Meldung sei aber laut dem Bericht der Internationalen Schutztruppe ISAF dort hängengeblieben.

Am Karfreitag war eine Bundeswehr-Patrouille im Unruhedistrikt Char Darah nahe Kundus in einen Hinterhalt geraten. Bei stundenlangen Gefechten mit radikal-islamischen Taliban waren drei deutsche Soldaten getötet und acht weitere verletzt worden. Die sechs Soldaten der verbündeten afghanischen Armee waren am Rande der Kämpfe durch Bundeswehr-Beschuss irrtümlich getötet worden.

Auch Vorwürfe gegen US-Armee

Auch der Tod von 23 Zivilisten bei einem US-Luftangriff in Afghanistan im Februar ist einem Untersuchungsbericht zufolge auf unzureichende Informationen und Fehlschlüsse zurückzuführen. Schwere Vorwürfe erhebt der am Samstag veröffentlichte Bericht gegen Luftwaffenoffiziere, die das Geschehen in Afghanistan mithilfe von Aufnahmen eines unbemannten Flugzeugs aus den USA beobachteten.

Die Crew auf dem Luftwaffenstützpunkt in Nevada habe Hinweise darauf, dass der bombardierte Konvoi ungefährlich sein könnte, ignoriert. Der Luftangriff am 21. Februar richtete sich gegen einen Fahrzeugkonvoi in der Nähe des Dorfes Chod in der Provinz Urusgan, wo sich zu diesem Zeitpunkt US-Spezialkräfte schwere Gefechte mit Aufständischen lieferten. Der Angriff wurde in der Annahme befohlen, dass in dem Konvoi weitere Aufständische zur Verstärkung anrückten.

Dem Untersuchungsbericht zufolge beruhte diese Annahme indes auf ungenauen Informationen. Weder die Gefechtsstände vor Ort noch die Luftwaffenoffiziere in Nevada hätten dem zuständigen Kommandeur Hinweise darauf übermittelt, dass die Fahrzeuge möglicherweise keine Bedrohung darstellten. Dem Team in Nevada sei "ungenaue und unprofessionelle Berichterstattung" vorzuwerfen.

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