Süddeutsche Zeitung

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte:Türkei wegen Inhaftierung von Yücel verurteilt

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Das Vorgehen des Staates hat nach Auffassung des EGMR die Menschenrechte Yücels auf Freiheit, Sicherheit und freie Meinungsäußerung verletzt. Ankara soll 13 300 Euro Entschädigung an den Journalisten zahlen.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat die Türkei wegen der Inhaftierung des deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel verurteilt. Das Vorgehen der Türkei habe die Menschenrechte Yücels auf Freiheit und Sicherheit sowie auf freie Meinungsäußerung verletzt, heißt es in dem Urteil, das am Dienstag schriftlich verkündet wurde. Ankara muss nun 13 300 Euro Entschädigung an den Journalisten zahlen. Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig - die Prozessparteien können es innerhalb von drei Monaten anfechten.

Yücel, 48, saß von Februar 2017 bis Februar 2018 ohne Anklageschrift im Hochsicherheitsgefängnis Silivri westlich von Istanbul in Haft. Erst nach langem politischen Tauziehen kam er frei und konnte ausreisen, gleichzeitig wurde Anklage erhoben. Im Juli 2020 wurde der Deutsch-Türke dann in Abwesenheit wegen Terrorpropaganda für die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK zu rund zwei Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt.

Im Urteil ging es unter anderem um Artikel aus seiner Zeit als Türkei-Korrespondent der Welt, darunter ein Interview mit einem PKK-Kommandeur. "Das ist ein politisches Urteil, wie die ganze Geschichte meiner Verhaftung politisch motiviert war", kommentierte Yücel damals in einem Welt -Beitrag das Urteil. Vom Vorwurf der Volksverhetzung und der Propaganda für die Gülen-Bewegung war Yücel freigesprochen worden. Das Verfahren befindet sich in Revision.

Yücel sieht sich durch die Untersuchungshaft in seinen Menschenrechten verletzt und hatte deswegen den EGMR angerufen. Die Festnahme deutscher Staatsbürger in der Türkei nach dem Putschversuch gegen Präsident Recep Tayyip Erdoğan im Juli 2016 hatte zu einer schweren Krise zwischen Berlin und Ankara geführt. Die prominentesten Inhaftierten waren neben Yücel die Journalistin Meşale Tolu und der Menschenrechtler Peter Steudtner. Auch sie durften inzwischen ausreisen. Tolu wurde vor Kurzem in allen gegen sie erhobenen Anklagepunkten freigesprochen.

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