Süddeutsche Zeitung

Debatte um Militärschlag:Mehrheit der US-Bürger lehnt Syrien-Einsatz ab

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US-Außenminister John Kerry wirbt bei einer Anhörung im Senat um Zustimmung zum Syrien-Einsatz. Die Mehrheit der US-Bevölkerung lehnt einer Umfrage zufolge einen Militärschlag jedoch ab. Im Kongress bekommt Obama Rückendeckung - auch von einflussreichen politischen Gegnern.

Die US-Bevölkerung steht einem Einsatz in Syrien skeptisch gegenüber. Einer am Dienstag veröffentlichten Umfrage des Pew-Instituts zufolge sprechen sich 48 Prozent gegen Luftangriffe auf Syrien aus. Nur 29 Prozent sind für ein militärisches Eingreifen der USA. Eine Erhebung im Auftrag der Zeitung Washington Post und des Fernsehsenders ABC bestätigte die Ablehnung: Fast sechs von zehn Befragten waren gegen US-Angriffe in Syrien.

US-Außenminister John Kerry hat bei einer Anhörung im Senat eindringlich für die Zustimmung zu einem Militärschlag gegen Syrien geworben. "Das ist nicht die Zeit, Zuschauer bei einem Gemetzel zu sein", sagte Kerry am Dienstag in Washington. "Wir haben die Stimme erhoben gegen unaussprechliches Gräuel. Nun müssen wir handeln." Der Außenminister bekräftigte, dass die Informationen der US-Geheimdienste "ohne begründete Zweifel" beweisen würden, dass Syriens Machthaber Baschar al-Assad Chemiewaffen eingesetzt habe.

Rückendeckung für einen Militärschlag erhält US-Präsident indes von mehreren Spitzenpolitikern im Kongress. So stellte sich der republikanische Chef des Repräsentantenhauses John Boehner - Obamas wichtigster politischer Gegenspieler - am Dienstag demonstrativ hinter den Oberbefehlshaber des Militärs. Boehner erklärte nach einem Treffen mit dem Präsidenten, die US-Verbündeten müssten sich darauf verlassen können, dass Amerika handle, wenn es notwendig sei. Nur die USA seien in der Lage, Syriens Präsident Baschar al-Assad zu stoppen.

Auch andere hochrangige Mitglieder der Kammer sprachen sich für einen Angriff aus und begründeten das mit einem Chemiewaffen-Einsatz der syrischen Führung. Der Mehrheitsführer der Kammer, Boehners Parteifreund Eric Cantor, unterstützte die Pläne. Die ranghöchste Demokratin im Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi, zeigte sich überzeugt, dass der Kongress als Ganzes Obama die Stange halten werde.

Im von den Demokraten kontrollierten Senat wiederum gab sich der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Robert Menendez, zuversichtlich, dass sich eine Mehrheit hinter Obama scharen werde. Allerdings dürfte die Vorlage der Regierung noch überarbeitet werden, sagte er.

Bei der Anhöhrung im Senat kam es auch zu Protesten von Zuschauern. Mehrere Anwesende hielten im Saal des außenpolitischen Senatsausschusses rosafarbene Schilder in die Höhe, die sich gegen einen "Krieg in Syrien" wandten. Eine Frau forderte mit lauten Rufen, Raketenschläge gegen das arabische Land zu unterlassen. Sie wurde von Sicherheitsbeamten aus dem Raum geführt.

Vom französischen Präsidenten François Hollande gab es bei dessen Treffen mit Bundespräsident Joachim Gauck erneut Rückhalt für Obama. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon signalisierte dagegen Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines US-Militärschlages. Die UN warnten zugleich vor einer dramatischen Verschlechterung der Lage für die syrische Bevölkerung. Mittlerweile ist demnach ein Drittel aller Syrer auf der Flucht.

"Dies ist nicht Irak oder Afghanistan"

US-Präsident Barack Obama hatte den Kongress gebeten, eine Militäraktion in Syrien zu billigen. Die Abstimmungen im Senat und im Repräsentantenhaus sind kommende Woche geplant. Am Dienstag empfing er Abgeordnete beider Parteien im Weißen Haus, um Zweifel an einer Militäraktion aus dem Weg zu räumen. Er sei zuversichtlich, dass der Kongress dem Einsatz zustimmen werde, sagte der Präsident und wies erneut Bedenken zurück, es könnte zu einem längerfristigen Engagement in dem Bürgerkriegsland kommen: "Dies ist nicht Irak und auch nicht Afghanistan."

Bei der Anhörung im Senat erläuterten neben Kerry auch Verteidigungsminister Chuck Hagel und Generalstabschef Martin Dempsey den Kurs der Regierung. Obama strebt einen "begrenzten" Militärschlag an und hat den Einsatz von Bodentruppen ausgeschlossen.

Die USA werfen dem Assad-Regime vor, am 21. August in der Nähe der syrischen Hauptstadt Damaskus das Nervengas Sarin in Siedlungen eingesetzt zu haben, die von Rebellen gehalten werden. Dabei sollen mehr als 1400 Menschen getötet worden sein. Assad weist dies zurück. Obama will vor einer militärischen Reaktion die Zustimmung der Abgeordneten und Senatoren einholen. Die Abstimmung im tief gespaltenen Kongress wird Anfang kommender Woche erwartet, ihr Ausgang scheint offen.

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