De Maizière: Gefühlte Wahrheit

Der Innenminister verwendet in der Flüchtlingsdebatte eine falsche Zahl.

Es gibt Statistiken, denen man schon von Weitem ansieht, wie viel Fantasie in ihnen steckt. 30 Prozent der Flüchtlinge, so hat zum Beispiel der Bundesinnenminister Thomas de Maizière neulich behauptet, gäben sich fälschlicherweise als Syrer aus. 30 Prozent? Wissen könnte man das erst, wenn man so viele Menschen der Lüge überführt hätte, derer man sie bezichtigt, was aber schon deshalb nicht geht, weil man dazu die Unterstützung der syrischen Behörden bräuchte, weshalb man derzeit weder dies noch übrigens auch das Gegenteil wissen, sondern halt höchstens glauben kann.

Dann gibt es Statistiken, die falsch sind. 70 Prozent der Flüchtlingsmänner unter 40 Jahren würden vor einer Abschiebung für krank und nicht transportfähig erklärt, hat de Maizière gesagt - was seine eigenen Behörden widerlegt haben, weshalb er die Behauptung jetzt auch schnell wieder zurückgezogen hat.

Und dann gibt es Statistiken, die womöglich viel wichtiger sind. 85 Prozent der wahlberechtigten Deutschen interessiert weder das eine noch das andere an schönen Sommertagen, aber 70 Prozent von ihnen, besonders jene, die überlegen, von der Union zur AfD zu wandern, nehmen wahr, dass Merkels Innenminister von der CDU auch solche Töne kann. De Maizière ist immer noch 60 Prozent näher an der Wahrheit als die Konkurrenz von rechts, aber doch auch schon 17 Prozent so populistisch.