Süddeutsche Zeitung

Coronavirus:Kassenärzte beklagen Überlastung

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Zu viel Bürokratie, zu viele Impfwillige, zu wenig Vakzin: Deutschlands Kassenärzte kommen mit der Arbeit nicht mehr nach - und kritisieren Bundesgesundheitsminister Jens Spahn.

Von Angelika Slavik, Berlin

Deutschlands Kassenärzte beklagen eine massive Überlastung durch die Corona-Pandemie und ihre Folgen. Seit der Aufhebung der Priorisierung bei der Corona-Impfung würden Arztpraxen im ganzen Land mit Anfragen nach Impfterminen überschüttet, sagte der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen. Er bat impfwillige Bürgerinnen und Bürger um Verständnis dafür, dass Termine nur kurzfristig vergeben werden könnten und etwa bei verspäteten Impfstofflieferungen auch öfters umgebucht werden müssten. "Die Praxen tun alles, was möglich ist", sagte Gassen.

Es sei zutreffend, dass in einzelnen Regionen derzeit kaum Termine für Erstimpfungen vergeben werden könnten, weil alle verfügbaren Impfstoffdosen für die Zweitimpfungen benötigt würden. Denn das vorgeschriebene Zeitfenster für die beiden Teilimpfungen einzuhalten, sei absolut notwendig, um die Sicherheit und Gültigkeit der Impfung zu gewährleisten. Gassen selbst hatte noch vor einigen Wochen die Aufhebung der Impfpriorisierung gefordert, weil die Überprüfung der Impfberechtigung für die Praxen sehr aufwendig sei.

Einzelne Ärztinnen und Ärzte steigen schon aus

Nun sagte er, die Aufhebung sei im Grunde richtig, durch die geringe Impfstoffmenge entstehe aber viel Druck. Sein Stellvertreter Stephan Hofmeister berichtete, es drohe vereinzelt bereits der Ausstieg von Ärztinnen und Ärzten aus der Impfkampagne. Dies könne dramatische Folgen haben. Dass der Impfstoff von Johnson & Johnson verspätet, nämlich erst am 25. Mai, geliefert werde, verschärfe die Lage. Spätestens Mitte Juni solle sich die Situation aber bessern, dann soll deutlich mehr Impfstoff nach Deutschland geliefert werden.

Scharfe Kritik äußerten die Ärztevertreter an den Plänen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn bezüglich des digitalen Impfnachweises. Dieser soll Ende Juni zur Verfügung stehen - viele Millionen Patienten werden dann aber bereits vollständig geimpft sein, ohne einen digitalen Nachweis bekommen zu haben. Er muss also nachträglich ausgestellt werden.

Im Bundesgesundheitsministerium wollte man das von den niedergelassenen Ärzten erledigen lassen - eine Idee, mit der man sich bei der KBV überhaupt nicht anfreunden kann. Der bürokratische Aufwand sei enorm, hieß es. Die nachträgliche Impfbescheinigung sei zudem eher eine bürokratische, "keine ärztliche Aufgabe". Um die entsprechenden Formulare zu kontrollieren, brauche es kein medizinisches Fachwissen, die Aufgabe könne also auch von anderen Stellen erledigt werden, "von den Meldebehörden zum Beispiel".

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