Süddeutsche Zeitung

Drohungen vor den Wahlen:Xi verschärft Ton gegenüber Taiwan

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Chinas Staatschef sagt in seiner Neujahrsansprache, eine Wiedervereinigung sei "historisch unvermeidlich". Die taiwanesische Präsidentin widerspricht.

Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen hat den in der Neujahrsansprache von Präsident Xi Jinping bekräftigten Souveränitätsanspruch Chinas zurückgewiesen. Der wichtigste Grundsatz für den Kurs in den Beziehungen zu China sei die Demokratie, sagte Tsai auf einer Neujahrspressekonferenz in Taipeh zu Xis Äußerungen. Taiwans Beziehungen zu China müssten vom Willen des Volkes bestimmt werden und der Frieden müsse auf Würde basieren. "Wir sind schließlich ein demokratisches Land." Der chinesische Staatschef hatte in seiner Neujahrsansprache erklärt, die "Wiedervereinigung des Mutterlandes" sei "historisch unvermeidlich".

Xi schlug damit einen schärferen Ton an als im Vorjahr. Damals hatte er gesagt, die Menschen auf beiden Seiten der Taiwanstraße seien "Mitglieder ein und derselben Familie". China hat den militärischen Druck erhöht, um seinen Souveränitätsanspruch gegenüber dem demokratisch regierten Taiwan durchzusetzen, das am 13. Januar Präsidentschafts- und Parlamentswahlen abhält.

Taiwan gibt Rekordsumme für Verteidigung aus

Die Volksrepublik solle das Ergebnis der taiwanesischen Wahlen respektieren, und es liege in der Verantwortung beider Seiten, Frieden und Stabilität in der Meerenge zu wahren, erklärte Tsai. Die chinesische Regierung stellt die Wahl als Entscheidung zwischen Krieg und Frieden dar und hat mehrere Gesprächsangebote Tsais abgelehnt, weil sie sie für eine Separatistin hält. Ähnliches gilt für den derzeitigen Vizepräsidenten Lai Ching-te, den Präsidentschaftskandidaten der regierenden Demokratischen Partei Taiwans (DPP), der in den Wahlumfragen vorn liegt.

Die Regierung in Taipeh hat wiederholt davor gewarnt, dass Peking versuche, sich in die Wahlen einzumischen - sei es durch gefälschte Informationen oder durch militärischen oder handelspolitischen Druck. Tsai darf nach zwei Amtszeiten nicht mehr kandidieren; sie wird im Mai zurücktreten, wenn der nächste Präsident vereidigt wird. Der Wahlausgang dürfte maßgeblich über das weitere Verhältnis zu China entscheiden, da auch Parteien antreten, die Peking etwas weniger kritisch sehen.

Einen möglichen Krieg zwischen China und Taiwan, der immer wieder befürchtet wird, erwarten einige Experten allerdings nicht für 2024. Taiwan, das von den USA unterstützt wird, will in diesem Jahr laut Tsai eine Rekordsumme von umgerechnet etwa 17,7 Milliarden Euro in seinen Verteidigungshaushalt stecken. "Obwohl die Gefahr eines Konflikts um Taiwan gestiegen ist, ist ein voller amphibischer Angriff durch China kurzfristig unwahrscheinlich", sagte die China-Analystin der Nichtregierungsorganisation Crisis Group, Amanda Hsiao, der Deutschen Presse-Agentur. Mit "amphibischem Angriff" ist ein Angriff über die Meerenge zwischen beiden Staaten gemeint. Die Chancen eines Erfolges seien unsicher. Peking dürfte Hsiao zufolge im Moment nicht die militärischen Fähigkeiten für einen schnellen Sieg über Taiwan haben.

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