Süddeutsche Zeitung

Afghanistan:Bundeswehr schickt Hubschrauber zur Rettung

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Viele Schutzbedürftige schaffen es nicht mehr zum Flughafen in Kabul. Deshalb will die Bundeswehr deutsche Staatsangehörige und Ortskräfte mit Hubschraubern aus dem Stadtgebiet holen.

Von Mike Szymanski, Berlin

Die Bundeswehr bereitet sich darauf vor, ihre Rettungsmission in Afghanistan vom Flughafen auf das Kabuler Stadtgebiet auszuweiten. Am Freitag, spätestens Samstagfrüh, sollen zwei kleinere Hubschrauber und Spezialkräfte an den Kabuler Flughafen verlegt werden, um von dort aus deutsche Staatsbürger und Schutzbedürftige aus dem Stadtgebiet zu holen.

Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums erklärte am Freitag: "Es geht darum, Menschen aus Gefahrensituationen schnellstmöglich herauszubringen." Im Blick habe das Militär deutsche Staatsbürger, aber auch afghanische Ortskräfte und andere Schutzbedürftige. Am Donnerstagabend hatte der CDU-Außen- und Sicherheitspolitiker Johann Wadephul in der ZDF-Talkrunde bei Maybrit Illner entsprechende Pläne öffentlich gemacht.

Brigadegeneral Jens Arlt, der die Rettungsmission der Bundeswehr in Kabul leitet, hatte die Helikopter angefordert, weil etliche Schutzsuchende davon berichten, es gar nicht erst in die Nähe des Flughafens zu schaffen. Arlt berichtete von verstopften Straßen, Chaos am Flughafen und Kontrollen durch die Taliban, die mit Checkpoints einen Ring um den Flughafen gebildet hätten.

Die Rettungsflüge müssen von den Taliban geduldet werden

Wie gefährlich die Lage ist, zeigte sich am Freitag. Nach Angaben der Bundesregierung sei ein deutscher Zivilist auf dem Weg zum Flughafen angeschossen worden. "Er wird medizinisch versorgt, es besteht aber keine Lebensgefahr", sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer. "Und er wird bald ausgeflogen werden."

Sollten die Hubschrauber vom Typ H 145 M zum Einsatz kommen, können sie nur einzelne Personen, aber keine größeren Gruppen aus der Stadt ausfliegen. An Bord haben maximal neun Passagiere Platz. Neben den Piloten fliegen bei solchen Einsätzen vier vollausgerüstete Spezialkräfte-Soldaten mit. Sie können sich aus der Luft abseilen. Der Hubschrauber ist für den Einsatz in Städten geeignet. Er kann auf Dächern landen, verfügt über einen vergleichsweise geringen Rotordurchmesser und ist leiser als schwerere Hubschrauber. Gegen Beschuss mit Handwaffen ist er geschützt.

Damit die Lage nicht weiter eskaliert, müssten solche Rettungsflüge von den Taliban, die die Stadt faktisch beherrschen, zumindest geduldet werden. Aus Bundeswehrkreisen hieß es: "Im Moment lassen die Taliban zu, dass evakuiert wird." Aber das Zeitfenster drohe sich zu schließen, deshalb müsse rasch gehandelt werden. In einer Unterrichtung für die Verteidigungspolitiker des Bundestages hieß es: "Der Einsatz erfolgt nach einer taktischen Risikobewertung und wird vor Ort mit allen relevanten Akteuren koordiniert."

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