Süddeutsche Zeitung

Bundespräsident in Bedrängnis:Kontakt zu Unternehmer bringt Wulff erneut in Bedrängnis

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Zurück auf Los: In der Affäre um Bundespräsident Wulff rückt dessen Verhältnis zu Egon Geerkens wieder in den Mittelpunkt. Ein Anwalt des Geschäftsmannes bestätigte einen Medienbericht, wonach Geerkens Kunde bei der Kanzlei war, in der Wulff vor seiner Politikkarriere als Rechtsanwalt angestellt war. Hat es doch eine geschäftliche Beziehung zwischen den beiden Freunden gegeben?

Ralf Wiegand

Mit der Frage nach den geschäftlichen Beziehungen zwischen Bundespräsident Christian Wulff und dem Osnabrücker Geschäftsmann Egon Geerkens hat die Affäre im Schloss Bellevue vor gut sechs Wochen begonnen - und dahin kehrt sie nun zurück. Denn Wulff, früher Rechtsanwalt in Osnabrück, hat sich nicht nur Geld von Geerkens' Frau Edith geliehen, um sein Privathaus damit zu finanzieren; er war auch Mitglied jener Anwaltskanzlei, zu deren treuen Klienten Egon Geerkens gehörte. Geerkens Berliner Anwalt Christian Schertz bestätigte am Montag gegenüber der Süddeutschen Zeitung einen Bericht von tagesschau.de, wonach der Osnabrücker Unternehmer viele Jahre lang zu den Kunden der Kanzlei Funk, Tenfelde und Partner gehörte - jedoch sei er nie vom späteren Ministerpräsidenten und heutigen Bundespräsidenten vertreten worden.

Mein Mandat war regelmäßig und ausschließlich von Dr. Funk persönlich beraten und vertreten worden", sagte Schertz der SZ, "und zwar schon sehr lange bevor Christian Wulff als angestellter Rechtsanwalt in die Kanzlei eintrat. Von einer Einbindung von Herrn Wulff in die Mandate, die Dr. Funk von Herrn Geerkens erhalten hatte, ist meinem Mandanten nichts bekannt. Herr Wulff war daher für meinen Mandanten nach seiner Kenntnis niemals anwaltlich tätig".

Die Frage, die sich nun die Politik in Niedersachsen stellt, dreht sich - wie schon bei der Hausfinanzierung - um denselben Kern: Handelt es sich bei dem Kontakt zwischen Wulff und Geerkens um eine geschäftliche Beziehung? In einer konkreten Anfrage des Parlaments im Jahr 2010 nach dem Umgang Wulffs mit Geerkens hatte der Ministerpräsident jedweden geschäftlichen Kontakt "in den letzten zehn Jahren" abgestritten und auch den Privatkredit über 500 000 Euro zur Finanzierung seines Hauses unerwähnt gelassen. Inzwischen hat Wulff dieses Schweigen als Fehler bezeichnet, die Opposition sieht darin allerdings einen Verstoß gegen das Ministergesetz.

Die gleiche Frage wird nun wieder gestellt werden: Hat Wulff dem Parlament rechtswidrig die Wahrheit verschwiegen, weil er unerwähnt ließ, dass er als angestellter Anwalt in einer Kanzlei arbeitete, die auch Geerkens vertrat - auch wenn er, Wulff, diesen Mandaten niemals selbst vertreten hat? Und wie wirkt sich auf die Beantwortung dieser Frage aus, dass Geerkens sogar Vermieter der Räume der Kanzlei war?

"Richtig ist, dass Herr Geerkens seit den frühen neunziger Jahren Vermieter der Kanzlei Dr. Funk war, bis 2007", sagte Unternehmer-Anwalt Schertz und bestätigte damit auch diese Information des ersten Medienberichts.

Wulffs Anwalt Gernot Lehr bestreitet unterdessen, dass es geschäftliche Beziehungen zwischen Wulff und Egon Geerkens gegeben habe. Wulff sei bereits 1994 aus der Kanzlei ausgeschieden und fortan nur noch als freier Mitarbeiter geführt worden, ohne Mandanten zu betreuen. Jedoch führte die Kanzlei Funk, Tenfelde und Partner den prominenten Ex-Angestellten noch viele Jahre lang im Briefkopf und warb auch mit dem Namen des CDU-Politikers.

Durch seinen Ex-Arbeitgeber rückt nun wieder Wulff selbst ins Blickfeld der Affäre, die sich zuletzt auf seinen früheren Sprecher Olaf Glaeseker konzentriert hatte. Gegen diesen ermittelt die Staatsanwaltschaft Hannover wegen Bestechlichkeit im Zusammenhang mit der Lobby-Veranstaltung "Nord-Süd-Dialog" - Wulff dagegen steht nicht im Fokus der Ermittler.

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Quelle:
SZ vom 31.01.2012
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