Süddeutsche Zeitung

Bürgerkrieg in Syrien:Islamisten-Anwalt soll in Aleppo getötet worden sein

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Er verteidigte den "Kalifen von Köln", hatte Verbindungen zu al-Qaida und sprach gerne vom "heiligen Krieg", nun ist Osman Karahan angeblich in Syrien getötet worden. Brisant: Der Fall Karahan könnte der erste konkrete Beweis dafür sein, dass türkische Islamisten für die Rebellen kämpfen.

Frederik Obermaier

Wie mehrere türkische Medien übereinstimmend berichteten, starb der Türke bei Gefechten in der seit Tagen umkämpften Stadt Aleppo. Sollten die Angaben stimmen, wovon derzeit auszugehen ist, wäre es der erste konkrete Beweis dafür, dass türkische Islamisten aufseiten der Rebellen in Syrien kämpfen.

Karahan hatte einst in der Türkei den als "Kalifen von Köln" bekannten Islamisten Metin Kaplan verteidigt, der 2004 aus Deutschland abgeschoben worden war. Ein türkisches Gericht sah es als erwiesen an, dass Kaplans Islamistengruppe "Hilafet Devleti" (zu Deutsch: Kalifatstaat) Waffen hortete sowie Terroranschläge plante. Karahan war es, der die Verurteilung zu lebenslanger Haft anfocht und auf 17 Jahre herunterhandelte.

Der "Kalif von Köln" war bei Weitem nicht der einzige Islamist, der zu Karahans Klienten zählte. Der Anwalt, in dessen Kanzlei laut einem früheren Artikel der Washington Post Al-Qaida-Broschüren auslagen, verteidigte mehrere mutmaßliche Dschihadisten, darunter auch Louai Sakka. Der gebürtige Syrer gilt als Drahtzieher des bisher schlimmsten islamistischen Anschlags in der Türkei. Dabei starben im November 2003 in Istanbul bei fast zeitgleichen Explosionen vor zwei Synagogen, dem britischen Konsulat und einer britischen Bank etwa 60 Menschen, mehr als 700 wurden verletzt.

Karahan selbst Islamist?

Vieles deutete darauf hin, dass Karahan Islamisten nicht nur als Anwalt vertrat, sondern selbst einer war. Ermittlungen wegen Mitgliedschaft im Terrornetzwerk al-Qaida wurden 2006 zwar aus Mangel an Beweisen eingestellt. Auffällig ist aber, dass Karahans Tod nun ausgerechnet auf mehreren einschlägigen Dschihadisten-Homepages verbreitet wurde.

Die Kämpfe in der syrischen Millionenstadt Aleppo gingen indes weiter. Laut Medienberichten haben die Truppen von Machthaber Baschar al-Assad am Mittwoch eine seit Tagen erwartete Bodenoffensive gestartet. "Die Entscheidungsschlacht um Aleppo hat begonnen", sagte ein Kommandeur der Aufständischen der Deutschen Presse-Agentur. Syriens Staatsfernsehen berichtete, Regierungstruppen hätten das heftig umkämpfte Stadtviertel Salaheddin gestürmt und die meisten Rebellen dort getötet.

Im Fall der von syrischen Rebellen in Damaskus verschleppten Iraner räumte das Regime in Teheran erstmals ein, dass unter den mehr als 40 Geiseln auch Mitglieder der Revolutionsgarden sind. Jedoch seien diese "im Ruhestand". Sie seien als "Pilger" nach Syrien gereist. Die Aufständischen unterstellen ihren Geiseln, Agenten der Revolutionsgarden zu sein, die sich zu einer "Kundschaftermission" in Syrien aufgehalten hätten. Teheran - immerhin engster Verbündeter des Assad-Regimes - bestreitet dies.

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SZ vom 09.08.2012
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