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Großbritannien:Parlament sichert sich Mitsprache bei Brexit-Terminvorschlag

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Das britische Parlament hat gegen den Willen der Regierung für eine Gesetzesvorlage gestimmt, die dem Parlament mehr Kontrolle über den Brexit-Prozess zusichert. Das umstrittene Gesetz passierte am Montag mit kleinen Änderungen das Oberhaus, das Unterhaus akzeptierte die Änderungen und die Queen stimmte zu.

Noch in der Nacht legte die Regierung den Antrag vor, die anderen 27 Mitgliedstaaten um eine Verlängerung der Frist bis zum 30. Juni zu bitten. Über den Antrag soll das Unterhaus noch an diesem Dienstag debattieren, die Abgeordneten können auch ein anderes Datum vorschlagen.

Zweck des Gesetzes ist, einen No-Deal-Brexit an diesem Freitag zu verhindern, also einen EU-Ausscheiden ohne Abkommen. Ob das überhaupt etwas ändert, ist unklar, denn Theresa May will sowieso um eine Fristverlängerung bis zum 30. Juni bitten. Die Premierministerin hat bereits angekündigt, sie wolle keinen No-Deal-Brexit ohne Zustimmung des Parlaments. Viele Abgeordnete trauen der Regierung jedoch nicht.

Das Gesetz zwingt die Regierung, die EU um einen Aufschub des Brexit zu bitten. Die Volksvertreter dürfen nun zudem Mays Antrag bei der EU genau überprüfen und gegebenenfalls auch ändern.

Die Regierung hatte das Gesetz als unnötig abgelehnt. Vergangene Woche hatte das Unterhaus dennoch mit nur einer Stimme Mehrheit zugestimmt.

Die anderen 27 EU-Mitgliedsstaaten müssen einer Verlängerung zustimmen, um einen Brexit ohne Abkommen zu verhindern. Die erneute Verlängerung ist nötig, da die konservativen Tories und die Labour-Sozialdemokraten streiten. Die Brüche laufen auch durch die beiden Parteien selbst. Das Unterhaus hat den von May mit der EU vereinbarten Austrittsvertrag bereits drei Mal abgelehnt. Ohne Vertrag droht ein ungeregelter Ausstieg aus der EU.

May besucht am Dienstag Angela Merkel und Emmanuel Macron und will am Mittwoch beim EU-Sondergipfel für eine Verschiebung bis zum 30. Juni bitten. Im Voraus erklärte die Bundesregierung, unter bestimmten Bedingungen werde man eine erneute Verschiebung akzeptieren. Ein ungeregelter Brexit wäre die "schlechteste aller auf dem Tisch liegenden Optionen", sagte der deutsche Europastaatsminister Michael Roth bei einem Vorbereitungstreffen für den Brexit-Sondergipfel. Eine weitere Fristverlängerung müsse aber an "ganz strenge Kriterien" gebunden werden. Eine davon sei eine Verpflichtung der britischen Seite, an den Europawahlen im Mai teilzunehmen. "Das scheint in Großbritannien nicht allen zu schmecken - auch vielen in der Europäischen Union nicht", ergänzte der SPD-Politiker. "Aber wir müssen ja rechtskonform bleiben." Er spielte damit darauf an, dass rechtliche Probleme oder Anfechtungsklagen das neue Parlament lahmlegen könnten, wenn Großbritannien nach der Wahl doch noch Mitglied sein sollte, aber keine Abgeordneten gewählt hat.

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