Süddeutsche Zeitung

Wahlrecht:"Ein Superwahltag kann in Berlin nicht gestemmt werden"

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Das Berliner Ergebnis der Bundestagswahl ist jetzt amtlich und weicht nur "geringfügig" vom vorläufigen Ergebnis ab. Offiziell ist nun auch: Die Stadt war mit dem Wahlsonntag überfordert.

Von Jan Heidtmann, Berlin

Zwei Wochen lang wurde intensiv über die Wahl in Berlin spekuliert. Über fehlende Stimmzettel, über Schlangen vor den Wahllokalen, über Schätzungen statt Zählungen. An diesem Montag wurde es dann wieder amtlich: Der Landeswahlausschuss hat 14 Tage nach dem Wahltag ein erstes Resultat als endgültig präsentiert. "Gegenüber dem vorläufigen Ergebnis, das am 27.09.2021 um 5.29 Uhr festgestellt worden war, ergaben sich nur geringfügige Änderungen", hieß es zur Vorstellung des amtlichen Endergebnisses der Bundestagswahl, zumindest seines Berliner Anteils.

Die Präzision dieses Zahlenwerks steht in krassem Widerspruch zu allen Unregelmäßigkeiten, die es am Superwahltag in Berlin gegeben hat. Am 26. September war dort gleichzeitig über den Bundestag, das Abgeordnetenhaus, die Bezirksverordnetenversammlungen und einen Volksentscheid abgestimmt worden. Außerdem fand noch der alljährliche Berlin-Marathon statt.

Eine Ballung an Ereignissen, die einiges durcheinandergebracht hat, wie Landeswahlleiterin Petra Michaelis in der Sitzung des Wahlausschusses einräumte. Darunter auch, dass manche Bürger noch nach 18 Uhr gewählt hatten. Nach den Erkenntnissen des Berliner Wahlausschusses sei es in 95 der 2257 Wahllokale zu Pannen gekommen. "Ein Superwahltag kann in Berlin nicht gestemmt werden", sagte Michaelis dem Sender RBB. "Das Ergebnis der Bundestagswahl ist davon aber nicht betroffen."

Jetzt können Bürger Einspruch erheben

Es ist das erste Mal, dass diese Unregelmäßigkeiten nun auch von offizieller Seite dokumentiert sind. In der vergangenen Woche hatte sich der Senat nach einigem Zögern für den fehlerhaften Ablauf der Wahl entschuldigt und Landeswahlleiterin Michaelis für alle zukünftigen Abstimmungen von ihrem Amt entbunden. "Wahlen müssen selbstverständlich korrekt ablaufen", sagte Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD). "Alles andere schadet dem Vertrauen in die staatlichen Institutionen - und damit der Demokratie insgesamt." Geisel kündigte an, eine unabhängige Expertenkommission einzusetzen, die die Mängel am Wahltag aufarbeiten solle.

Praktisch bedeutet die Präsentation des amtlichen Ergebnisses der Bundestagswahl, dass Bürger nun Einspruch erheben können. Dies muss schriftlich beim Bundestag geschehen, und zwar bis zum 26. November. Dann entscheidet der Wahlprüfungsausschuss über die Einwendungen. Bei einer Ablehnung besteht noch die Möglichkeit, vor das Bundesverfassungsgericht zu gehen. Eine größere Zahl von Einwänden wird jedoch erst ab kommenden Donnerstag erwartet. Dann gibt der Landeswahlausschuss das amtliche Endergebnis der Wahl zum Abgeordnetenhaus bekannt. Diese Abstimmung war von den Unregelmäßigkeiten mehr betroffen als die Bundestagswahl.

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