Süddeutsche Zeitung

Aufstand gegen das Assad-Regime:Kämpfe in Syrien weiten sich bis nach Damaskus aus

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Homs, Aleppo, Damaskus: An immer mehr Orten in Syrien kommt es zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen Regime-Truppen und Oppositionellen. Allein am Samstag sollen mindestens 26 Menschen getötet worden sein. Um das Sterben zu beenden, soll sich jetzt die UN-Vollversammlung mit einer neuen Syrien-Resolution beschäftigen - diesmal kommt ein Vorschlag aus Saudi-Arabien.

In Syrien sind bei erneuten Kämpfen zwischen Regime-Truppen und Opposition nach Angaben von Aktivisten am Samstag mindestens 26 Menschen getötet worden. In der Stadt Homs kamen demnach 20 ums Leben, sechs weitere im Umland von Damaskus. Nahe der Hauptstadt hätten sich Regierungstruppen Gefechte mit Deserteuren geliefert. Im Großraum Damaskus seien Granateneinschläge und das Feuer schwerer Maschinengewehre zu hören, sagte der Aktivist Hani Abdullah der Nachrichtenagentur dpa.

Auch aus Al-Kusair an der syrisch-libanesischen Grenze wurden Kämpfe gemeldet. "Syrische Truppen nehmen Al-Kusair seit dem frühen Morgen unter schweren Beschuss, weil dorthin viele Aktivisten und Deserteure aus Al-Chalidija und Baba Amro (in der Stadt Homs) geflohen sind", berichtete der Aktivist Abu Raad. Der Oppositionelle Omar Homsi, sagte, dass die Angriffe auf die Oppositionshochburg Homs verstärkt wurden, um die dort verbliebenen Rebellen an der Flucht zu hindern.

Wie die staatliche syrische Nachrichtenagentur berichtete, kündigte das Innenministerium am Samstag an, den "Terrorismus auszulöschen" und "diejenigen zur Strecke zu bringen, die die Sicherheit des Landes und der Bürger aufs Spiel setzen".

Unterdessen wurde in Damaskus offiziellen Angaben zufolge ein syrischer General von "einer bewaffneten Terrorgruppe" ermordet. Der Brigadegeneral Issa al-Chawli, der das Hamisch-Militärkrankenhaus geleitet habe, sei vor seinem Haus im Viertel Ruknaddin erschossen worden, berichtete die amtliche Nachrichtenagentur SANA. Demnach lauerten drei Männer dem Familienvater vor seinem Haus auf. Sollte sich die Nachricht bestätigen, wäre es das erste Attentat auf einen solch hochrangigen Offizier in Damaskus.

Am Freitag waren in Syrien mindestens 90 Menschen getötet worden, darunter 28, die nach offiziellen Angaben einem Doppelanschlag in der nördlichen Stadt Aleppo zum Opfer fielen. Wie das Gesundheitsministerium mitteilte, wurden in Aleppo 235 Menschen verletzt. Während die staatlichen Medien "terroristische Gruppen" für die Anschläge in der bis dato von den Unruhen weitgehend verschonten Stadt verantwortlich machten, beschuldigte die Opposition das Regime von Präsident Baschar al-Assad, hinter der Tat zu stecken. Wegen der Medienblockade ist eine unabhängige Überprüfung der Berichte aus Syrien kaum möglich.

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton hat Assad zum Rücktritt aufgefordert. "Ich bin über die Massaker der syrischen Armee an der eigenen Bevölkerung in Homs zutiefst erschüttert", sagte Ashton der Welt am Sonntag. Die extreme Gewalt müsse aufhören. "Führung verlangt, dass man geht, wenn man das Problem und nicht die Lösung ist. Präsident Assad sollte genau das tun und zurücktreten", sagte Ashton. Die EU werde mit der Arabischen Liga an einer Lösung arbeiten.

Saudi-Arabien legt Resolution vor

Nach der gescheiterten Syrien-Resolution im UN-Sicherheitsrat soll sich auch die UN-Vollversammlung mit der Lage in dem arabischen Land befassen. Wie der US-Fernsehsender CNN am Freitagabend berichtete, will Saudi-Arabien ein ähnlich formuliertes Dokument vorlegen. Die Vollversammlung kann zwar offiziell Verurteilungen aussprechen, sie haben aber rein appellativen Charakter. Sanktionen kann nur der Sicherheitsrat beschließen.

Das Gremium der 15 Staaten, darunter in diesem Jahr noch Deutschland, hatte sich aber nicht auf eine Resolution einigen können. Ein Entwurf, der keinerlei Strafmaßnahmen enthielt, war am vergangenen Samstag am Veto Russlands und Chinas gescheitert.

Der dreiseitige saudische Entwurf verurteilt nach CNN-Angaben scharf die Verletzung von Menschenrechten durch das syrische Regime. In dem Papier sei die Rede von dem Einsatz von Gewalt gegen Zivilisten, willkürlichen Hinrichtungen sowie der Tötung und Verfolgung von Protestierenden. Der Sender erklärte, er habe den Text von einer diplomatischen Quelle erhalten. In Anspielung auf das Veto im Sicherheitsrat erklärte der saudische König Abdullah im Staatsfernsehen seines Landes, dadurch sei das Vertrauen der Welt in die Vereinten Nationen erschüttert worden. Was bei der UN passiert sei, nannte er "absolut bedauerlich".

Die Menschenrechtskommissarin Navi Pillay soll am Montag die Vollversammlung über die Situation in dem Land unterrichten. Die Südafrikanerin ist dabei allerdings auf Berichte aus zweiter Hand angewiesen. Offiziell sind keine UN-Beobachter in Syrien.

Russland bleibt indes bei seinem Kurs im Syrien-Konflikt: Das Parlament unterstützte am Freitag das Veto Moskaus gegen die jüngste Syrien-Resolution. Die Abgeordneten votierten geschlossen für eine Erklärung aller Fraktionen dazu, wie die Agentur Interfax meldete. Der Resolutionsentwurf sei einseitig gewesen, hieß es zur Begründung. Das Moskauer Veto im Weltsicherheitsrat war weltweit kritisiert worden. Russland ist ein enger Partner und Waffenlieferant Syriens.

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