Süddeutsche Zeitung

"Aserbaidschan-Connection":Karin Strenz raus aus dem Europarat

Lesezeit: 1 min

Von Hannes Munzinger und Pia Ratzesberger, München

Es war nicht besonders wahrscheinlich, dass der Bundestag ausgerechnet Karin Strenz noch einmal in den Europarat in Straßburg entsenden würde: eine Abgeordnete, die über Umwege Geld aus Aserbaidschan erhalten hat und im Verdacht steht, sich vom Regime in Baku kaufen zu lassen.

Doch bevor die CDU/CSU-Fraktion am Dienstag über ihre neuen Vertreter entschied, hatte die Politikerin auf ihrer Facebook-Seite bereits bekannt gegeben, dass sie ohnehin "nicht mehr zur Verfügung" stehe - aufgrund der "mangelnden Wertschätzung" ihres "erheblichen Engagements für den Europarat".

Der Skandal um Geld aus Aserbaidschan wirkt sich so direkt auf die neue Zusammensetzung der deutschen Delegation aus. Schon im vergangenen Jahr hieß es aus der Unionsfraktion, man erwarte, dass Karin Strenz und Axel Fischer nicht mehr kandidierten. Fischer, wie Strenz CDU-Mitglied, war Leiter der deutschen Delegation und Vorsitzender der EVP-Fraktion im Europarat. Kritiker warfen ihm vor, die Aufklärung der Vorwürfe zu bremsen.

Im Europarat befassen sich Abgeordnete aus 47 Mitgliedstaaten mit dem Schutz der Demokratie und der Menschenrechte. In der jüngeren Vergangenheit war das Gremium wegen sogenannter Kaviardiplomatie in die Kritik geraten: Autokratische Regierungen wie Aserbaidschan versuchten, mit Geld und Geschenken Abgeordnete zu ihren Gunsten zu beeinflussen.

Im Herbst hatte die SZ berichtet, dass Strenz im Jahr 2014 und im Januar 2015 jeweils zwischen 7500 und 15 000 Euro von einer Firma namens Line M-Trade erhalten hatte. Strenz hatte diese Nebentätigkeit angegeben, jedoch nicht offengelegt, woher das Geld kam.

Als Unterstützerin Aserbaidschans aufgefallen

Die Line M-Trade gehörte einem bekannten Lobbyisten Aserbaidschans, dem früheren Bundestagsabgeordneten Eduard Lintner (CSU). Er gab zu, dass seine Firma finanziell aus Baku unterstützt worden war. Karin Strenz, mittlerweile zum dritten Mal im Bundestag, war in ihrer Zeit in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats immer wieder als Unterstützerin Aserbaidschans aufgefallen.

Noch immer ungeklärt ist, warum Karin Strenz gemeinsam mit einer früheren Mitarbeiterin Lintners eine eigene Firma gründete, die sie nicht als Nebentätigkeit angegeben hatte. Auf Nachfrage räumte Strenz ein, dass ihre Beteiligung "möglicherweise" anzeigepflichtig gewesen wäre.

Am Dienstag haben die Fraktionen im Bundestag die neuen Entsandten benannt, am Donnerstag wird das Plenum über die Delegation abstimmen.

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Quelle:
SZ vom 17.01.2018
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