Süddeutsche Zeitung

Asylpolitik:Fast 12 000 Afghanen warten weiter auf Ausreise

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Die Bundesregierung räumt ein, dass ein Drittel der Menschen, die eine Aufnahmezusage in Deutschland haben, noch immer nicht aus dem Land gebracht worden sind - fast ein Jahr nach der Machtübernahme der Taliban.

Fast 12 000 Afghaninnen und Afghanen, die eine Aufnahmezusage aus Deutschland haben, warten noch darauf, ausgeflogen zu werden. Dies geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor. Demnach standen 11 864 Menschen auf der Liste derer, die noch aus Afghanistan oder einem Nachbarstaat geholt werden sollen, wenn ihnen die Flucht dorthin gelungen ist. Das ist etwa ein Drittel derer, die seit der Machtübernahme der Taliban im vergangenen August eine Aufnahmezusage aus Deutschland erhalten haben.

Seit August 2021 gab es demnach für etwa 33 000 Menschen aus Afghanistan eine Aufnahmezusage, etwa 21 000 von ihnen wurden seitdem nach Deutschland geholt. Darunter sind etwa 3600 Ortskräfte mit ihren Familien, insgesamt knapp 16 800 Menschen. Aufgenommen wurden zudem fast 1300 Menschen mit Angehörigen, die nach der Machtübernahme der Taliban als besonders gefährdet gelten, weil sie sich für Menschenrechte, Demokratie und westliche Werte eingesetzt haben.

Bis zum 10. Juni habe es innerhalb rund eines Monats etwa 1000 Evakuierungen gegeben, teilte die fluchtpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Clara Bünger, unter Berufung auf damals bei der Bundesregierung abgefragte Zahlen mit. Zwischen Ende Februar und Anfang Mai seien noch rund 6200 Menschen nach Deutschland gebracht worden. Das Tempo der Bundesregierung bei den Evakuierungen nehme ab.

Bünger sagte, die Bundesregierung werde aller Voraussicht nach ein Jahr nach der Machtübernahme der Taliban ihr Schutzversprechen nicht umgesetzt haben, alle besonders gefährdeten Afghaninnen und Afghanen in Sicherheit zu bringen. Sie kritisierte zudem, es gebe noch immer zu viele Ablehnungen für weitere Menschen in Afghanistan, die nach Deutschland kommen wollen. Bünger verwies auf eine Familie, die im vergangenen Jahr ihre Häuser als Schutzräume für gefährdete Ortskräfte zur Verfügung gestellt hatte. Da die Verstecke aufgeflogen waren, seien diese Menschen nun selbst auf der Flucht. Ihre Aufnahmegesuche seien aber abgelehnt worden, sagte sie.

Die Linken-Politikerin kritisierte auch, dass das Bundesinnenministerium bislang kein grünes Licht für geplante Landesaufnahmeprogramme gegeben hat. Diese Entscheidungen seien bislang zurückgestellt, weil noch Entscheidungen zum geplanten Bundesprogramm zur Aufnahme von Afghanen ausstehen, begründet dies das Ministerium in der Antwort auf Büngers Anfrage.

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SZ/epd/zaa
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