Süddeutsche Zeitung

Verwaltungsgericht Köln:Gericht lehnt AfD-Antrag gegen Verfassungsschutz ab

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Es ist bereits die zweite Schlappe für die AfD diese Woche. Allerdings muss auch der Verfassungsschutz einlenken.

Von Markus Balser, Berlin

Die AfD hat im Rechtsstreit mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz vor Gericht eine Niederlage einstecken müssen. Das Verwaltungsgericht Köln lehnte am Mittwochabend eine Zwischenregelung in einem Eilverfahren gegen den Inlandsgeheimdienst ab. Sie sollte nach dem Willen der AfD verhindern, dass der Verfassungsschutz die Partei ein Dreivierteljahr vor der Bundestagswahl als "Verdachtsfall" einstuft oder ihr eine "gesichert extremistische Bestrebung" zuschreibt - und das auch veröffentlicht. Der Verfassungsschutz habe in dem Verfahren eine so genannte Stillhaltezusage geben. Für einen solchen Erlass sehe das Gericht deshalb keine Notwendigkeit, erklärte das Gericht.

Damit kann der Verfassungsschutz zwar eine härtere Gangart gegen die AfD beschließen, sie aber vorerst nicht bekanntgeben und auch nur eingeschränkt umsetzen. Das sicherte der Verfassungsschutz für die Dauer des Eilverfahrens zu. Damit ist vorerst keine Pressekonferenz zu dem Thema möglich. Zudem wird der Verfassungsschutz Funktionäre zunächst nicht mit nachrichtendienstlichen Mitteln überwachen. Das gilt für Abgeordnete auf Bundes-, Landes- und Europaebene sowie entsprechende Wahlbewerberinnen und -bewerber. Ein solches Verfahren kann durchaus mehrere Wochen dauern. Mit einer raschen Bekanntgabe wäre demnach nicht zu rechnen.

Möglich ist nach der Entscheidung die Observierung einfacher Mitglieder. Laut Gericht bestehe grundsätzlich ein erhebliches öffentliches Interesse an einer Beobachtung nach einer Einstufung als Verdachtsfall. Denn es gehe um den Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, die von den Verfassungsschutzbehörden zu verteidigen sei.

Bereits am Dienstag hatte die Partei ein zweites Verfahren verloren. Nach einer Entscheidung des Kölner Gerichts darf der Verfassungsschutz demnach auch über die Mitgliederzahlen des inzwischen aufgelösten Flügels berichten. Der Verfassungsschutz hatte den Flügel als rechtsextrem eingestuft und schätzt die Zahl der Mitglieder vor dessen Auflösung auf etwa 7000. Die Bekanntgabe der Zahl habe eine stigmatisierende und ehrschädigende Wirkung, weil dem "Flügel" dadurch eine Bedeutung beigemessen werde, die er in Wahrheit gar nicht habe, argumentierte die AfD. Die Richter lehnten ein Einschreiten im Eilverfahren ab, weil die voraussichtlichen Folgen des Bekanntwerdens der Zahl 7000 gering seien. Die Mitgliederzahl von 7000 sei ohnehin bereits früher an die Öffentlichkeit gelangt, entschied das Gericht.

Die AfD hatte die beiden Eilanträge und zwei Klagen vergangene Woche eingereicht, um weitere erwartete Schritte des Verfassungsschutzes gegen die Partei zu verhindern und zu erschweren. Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang hatte bei der jüngsten Innenministerkonferenz vor einem Monat angekündigt, dass wahrscheinlich noch im Januar über eine bundesweite Einstufung der gesamten AfD als rechtsextremistischer Verdachtsfall entschieden wird. Mit Blick auf das laufende Verfahren in Köln kündigte der Inlandsgeheimdienst zuletzt jedoch an, vorerst nichts in dieser Sache bekannt zu geben.

Derweil verschärft sich in Sachsen-Anhalt der Streit zwischen dem Inlandsgeheimdienst und der AfD. Die Partei kündigte am Mittwoch an, sie wolle sich rechtlich gegen eine mutmaßliche Beobachtung des Landesverbandes in Sachsen-Anhalt durch den Verfassungsschutz wehren. "Sollte sich das bestätigen, werden wir den Rechtsweg beschreiten", sagte Landespartei-Chef Martin Reichardt am Mittwoch. Dort war bekannt geworden, dass das Landesamt für Verfassungsschutz die AfD bereits seit Mitte Januar als Gesamtverband mit nachrichtendienstlichen Mitteln überwacht.

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