Süddeutsche Zeitung

Abzug der amerikanischen Truppen:USA übergeben Gefängnis Bagram an afghanische Behörden

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Es galt als das "Guantánamo Afghanistans": Jetzt geben die US-Truppen in Afghanistan die Verantwortung für das Militärgefängnis Bagram vollständig an die einheimischen Sicherheitskräfte ab. Zeitgleich verhandelt US-Außenminister Kerry mit Karsai über die Details des Truppenabzugs.

Die US-Armee hat das Gefängnis Bagram endgültig an die afghanischen Behörden übergeben. Der US-Oberbefehlshaber in Afghanistan, General Joseph Dunford, sprach anlässlich der Zeremonie von einem "wichtigen Teil im Gesamtprozess der Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die afghanischen Truppen".

Zeitgleich befindet sich US-Außenminister John Kerry zu einem unangekündigten Besuch im Land. Er soll mit Präsident Hamid Karsai über den Ablauf des amerikanischen Truppenabzugs und die Übernahme der Aufgaben durch afghanische Sicherheitskräfte verhandeln. Der Besuch war aus Sicherheitsgründen vorab nicht angekündigt worden.

Das umstrittene Gefängnis bei Kabul hatten die USA bereits im September offiziell an die Afghanen übergeben. Dabei wurden mehr als 3000 Gefangene an die örtlichen Behörden ausgehändigt. Das Schicksal hunderter Gefangener blieb aber vorerst unklar.

Die ursprünglich bereits für den 9. März vorgesehene komplette Übergabe wurde von den USA in letzter Minute gestoppt, nachdem Präsident Hamid Karsai geäußert hatte, dass in dem Gefängnis "unschuldige Menschen" inhaftiert seien, deren Freilassung er auch im Fall von Kritik anordnen werde. Die USA befürchteten daraufhin, dass auch inhaftierte Extremisten freikommen könnten. Das US-Verteidigungsministerium teilte jetzt aber mit, dass man sich darauf geeinigt habe, dass strittige Gefangene nicht ohne eine genaue Untersuchung entlassen werden.

Bagram ist unter US-amerikanischer Leitung immer wieder in die Kritik geraten. So wurde beispielsweise im Januar vergangenen Jahres gegen Soldaten ermittelt, die in dem Gefängnis Häftlinge misshandelt und gefoltert haben sollen. Die USA und Nato haben die Vorwürfe stets zurückgewiesen, dennoch trägt das Gefängnis den Spitznamen "afghanisches Guantánamo".

Karsai hatte die Übergabe des Gefängnisses zu einer Bedingung für eine weitere langfristige Zusammenarbeit mit den USA gemacht. Menschenrechtsaktivisten übten regelmäßig Kritik an der Haftanstalt, in der internationale Rechtsnormen missachtet würden.

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